Wer mit dem Rauchen aufhören will, dem stehen verschiedene Optionen zur Verfügung: kalter Entzug, Nikotinersatzprodukte wie Pflaster oder E-Zigaretten. Doch helfen E-Zigaretten wirklich dabei, langfristig die Finger vom Tabak zu lassen?
Die grosse E-Zigaretten-Studie
Dieser Frage ging Reto Auer, Professor und Leiter der Abteilung Substanzkonsum am Berner Institut für Hausarztmedizin auf den Grund. In einer von der Tabakindustrie unabhängigen Studie hat er in fünf Schweizer Städten 1246 aufhörwillige Raucherinnen und Raucher beim Ausstieg begleitet.
Die Hälfte der Studienteilnehmenden erhielt eine Rauchstoppberatung über mehrere Monate hinweg sowie einen Einkaufsgutschein, den sie auch für Nikotinersatzprodukte wie Kaugummis oder Pflaster verwenden durften. Die andere Hälfte erhielt zusätzlich zur Rauchstoppberatung kostenlos E-Zigaretten.
E-Zigaretten unterstützen den Rauchstopp, aber nicht den Nikotinstopp
Sechs Monate nach Studienstart haben knapp 40 Prozent der E-Zigarettengruppe seit mindestens einer Woche keine Tabakzigarette mehr geraucht. In der Kontrollgruppe, die eine Rauchstoppberatung und einen Gutschein erhielt, waren es nur etwa halb so viele.
Mit dem Nikotin aufzuhören, gelang der Kontrollgruppe aber besser: rund 35 Prozent waren abstinent, in der E-Zigarettengruppe hingegen maximal rund 20 Prozent.
Wer Zigaretten durch E-Zigaretten ersetzt, hat gemäss der Studie also grössere Chancen, vom Tabak wegzukommen, hört aber weniger wahrscheinlich komplett mit dem Nikotin auf. Zumindest während eines Zeitraums von sechs Monaten.
Sind E-Zigaretten besser als Zigaretten?
Dennoch seien E-Zigaretten sicher deutlich weniger gesundheitsschädigend als Tabakzigaretten, betont Reto Auer.
Dem stimmt auch Professor Martin Brutsche zu, Chefarzt am Lungenzentrum des Kantonsspitals St. Gallen und ebenfalls an der Studie beteiligt. Rauche man eine Zigarette, dann inhaliere man neben dem Nikotin Feinstaub, eine Vielzahl krebserregender Substanzen sowie Kohlenmonoxid, welches die Sauerstoffversorgung beeinträchtige. Die Liquids in E-Zigaretten hingegen, so Brutsche, enthalten hauptsächlich Nikotin, Aroma- und Zusatzstoffe.
Trotzdem könne bei E-Zigaretten nicht die Rede von «gesund» sein, teilt Claudia Künzli, Präventionsexpertin von der Lungenliga Schweiz auf Anfrage mit. Die Lungenliga rät allgemein vom Gebrauch von E-Zigaretten ab. Denn auch E-Zigaretten enthalten neben dem Nikotin giftige und krebserregende Stoffe.
Deswegen empfiehlt die Lungenliga grundsätzlich die wissenschaftlich geprüften und als Heilmittel anerkannten Medikamente wie Nikotinkaugummis. Gemäss Reto Auer haben diese allerdings einen Nachteil: Das Nikotin werde viel langsamer im Körper aufgenommen. E-Zigaretten hingegen befriedigen auch das Bedürfnis nach dem Nikotinkick.
Die Risiko-Nutzen-Abwägung
In einer Sache sind sich die drei Experten aber einig: Wenn man mehrere Methoden für den Rauchstopp ausprobiert hat und es nicht klappen will, kann es sinnvoll sein, es mit E-Zigaretten zu versuchen.
Es ist also eine Risiko-Nutzen-Abwägung, sagt Martin Brutsche: Konsumiert man bereits Tabakprodukte, kann man die Gesundheitsrisiken mit E-Zigaretten mindern. Sei man hingegen Nichtraucher, erhöhe man mit dem Konsum von E-Zigaretten das Risiko für Abhängigkeit und gesundheitliche Probleme.