In der westlichen Welt ist jede dritte Person allergisch auf Graspollen, die sich ungefähr von Anfang Mai bis Mitte Juli mit dem Wind ausbreiten. Derzeit besteht die einzige wirksame Behandlung in einer Hyposensibilisierung, das heisst Immuntherapie mittels Injektionen (SCIT) in der Arztpraxis, oder neuer mittels Tropfen (SLIT) oder Gräserpollen-Tabletten (n(AIT)), die man auf Anweisung des Arztes täglich zuhause einnehmen muss. Die immer noch bekannteste Therapie ist die Injektionstherapie. Sie dauert mehrere Jahre und kann in seltenen Fällen lebensbedrohliche Schockzustände bewirken. Deshalb unterziehen sich nur fünf Prozent der Betroffenen dieser Prozedur.
Das Team um Dr. Gabriela Senti vom Zentrum für klinische Forschung des Universitätsspitals Zürich arbeitet nun an einer neuen Behandlungsmöglichkeit: ein Pflaster, das die Allergene von sechs verschiedenen Gräserpollen in die Haut einbringt.
70 Prozent weniger laufende Nasen
Ein erster, vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderter klinischer Versuch bestätigt die Sicherheit und Wirkung des Pflasters: 132 von Heuschnupfen Betroffene klebten sich vor der Pollensaison während zwei Monaten einmal wöchentlich ein Pflaster auf den Oberarm.
Die Symptome der Patienten linderten sich im Folgejahr um bis zu 70 Prozent bei der höchsten Dosis. Sogar die kleinste Dosis verringerte laufende Nasen und tränende Augen um etwa 30 Prozent, berichteten die Forscher im Fachblatt «Journal of Allergy and Clinical Immunology».
Schwerwiegende Nebenwirkungen gab es keine. Allerdings brach fast ein Zehntel der Testpersonen wegen unangenehmen Ausschlages oder Juckreizes die Behandlung ab. Dies ist vergleichbar mit den Reaktionen auf die Immuntherapie mit der Spritze.
Haut als idealer Trainingsort
Für Senti und ihre Kollegen sind diese ermutigenden Resultate auf zwei Eigenschaften der Haut zurückzuführen. Erstens weist die Haut viele spezialisierte Immunzellen auf, die rasch Fremdkörper wie etwa Viren erkennen und eine gezielte Abwehrreaktion auslösen können. Diese kann für eine allergen-spezifische Immuntherapie genutzt werden.
Zweitens gibt es in den äusseren Hautschichten keine Blutgefässe. Das senke das Risiko, dass die Allergene in den Blutkreislauf gelangten, was einen allergischen Schock auslösen kann, wie Senti in einer Mitteilung des SNF erläuterte.
Noch sei die Behandlung nicht reif für den Einzug in den klinischen Alltag, sagte Senti. Damit die Pollenallergene in die Haut eindringen können, tragen Senti und ihre Kollegen die darüber liegende Hornhaut mit einem Klebeband ab. Das Verfahren erziele noch nicht immer optimale Resultate. «Sind diese Hindernisse ausgeräumt, steht uns im Kampf gegen den lästigen Heuschnupfen endlich ein einfaches Mittel zur Verfügung», sagte Senti.