Ohne Arzt erfahren, wie es um einen steht: Kein anderer Selbsttest erfüllt dieses Versprechen schon so lange und so zuverlässig wie der Schwangerschaftstest.
Seit der Markteinführung von «Predictor» Ende der 1970er Jahre ist das Sortiment an medizinischen Selbsttests für zu Hause massiv gewachsen und deckt mittlerweile alle möglichen Lebenslagen ab. Doch was taugen die Checks?
Die Gesundheitssendung «Puls» hat eine Auswahl besonders beliebter und speziell problematisch erscheinender Tests unter die Lupe genommen.
Trendverdacht Glutenintoleranz und Eisenmangel
Wenn nach dem Brötchen die Verdauung rebelliert, liegt der populäre Verdacht einer Glutenintoleranz nahe. Bei der «Puls»-Testperson schlägt der Test – absoluter Verkaufsschlager 2018 – aber nicht an.
Peter Schmid-Grendelmeier, Allergologe am Universitätsspital Zürich, ist nicht erstaunt: «Gluten spielt eine grosse Rolle bei der Zöliakie, wo es den Darm schädigt. Bei ganz vielen Leuten, die Mühe mit Weizen haben, liegen aber andere Unverträglichkeiten oder immunologische Abläufe vor.»
Trendverdacht Nummer zwei: Eisenmangel. Bei Müdigkeit und Antriebslosigkeit liegt die Vermutung nahe, und bei der «Puls»-Testperson fällt der Test tatsächlich positiv aus.
Diesmal zeigt sich die Fachwelt Test und Resultat gegenüber deutlich aufgeschlossener. «Wenn die Eisenspeicher leer sind, sollte man wirklich zum Arzt gehen und sich zum Beispiel Eisentabletten verschreiben lassen», bestätigt Thomas Rosemann vom Institut für Hausarztmedizin der Uni Zürich.
Doch nicht für alle Tests findet der Professor derart freundliche Worte:
- Der Cholesterintest, der das Gesamtcholesterin nachweist, «macht medizinisch überhaupt keinen Sinn.»
- Der Borrelientest soll Antikörper der durch Zecken übertragenen Krankheit nachweisen. Aber: «Der Test ist so schwer zu interpretieren, schon für Ärzte und erst recht für Laien, da kann ich nur abraten, das Daheim zu machen. Das ist schlichtweg ‹a Schmarrn›.»
- Der Test auf Harnwegsinfekte zählt zu den vier Meistverkauften beim Schweizer Marktführer in Sachen Heimtests. «Der kann durchaus sinnvoll sein», meint Thomas Rosemann.
- Anders sieht es dagegen mit dem Anschlusstest aus, der klären soll, ob Antibiotika helfen. «Der misst das CRP und versucht zu unterscheiden zwischen viralem und bakteriellem Infekt.» Was so aber gar nicht möglich sei. «Schön wär’s», meint der Experte trocken.
Gemischt auch die Bilanz der beiden restlichen Tests im «Puls»-Einkaufskorb:
- Den Vorsorgetest auf Darmkrebs, für den eine Stuhlprobe eingeschickt wird, findet Professor Rosemann mit Abstand den sinnvollsten. «Den sollte man regelmässig machen, wenn man keine Dickdarmspiegelung möchte!»
- Anders sieht es beim Prostatatest aus, für den der PSA-Wert gemessen wird. «Wir wissen aus vielen Studien, dass der PSA-Test nur in speziellen Fällen wie familiärer Vorbelastung sinnvoll ist.»
Fazit der Expertenrunde: Positiv schneiden einzig Eisenmangel, Harnwegsinfekte und Darmkrebsvorsorge ab. Und selbst bei denen ist man schliesslich auf den Rat der Experten angewiesen.