Rot, rosa, grau, grün, bunt, gemustert: Auf Finger- und Zehennägeln ist alles möglich. Naildesignerinnen, welche die kreativen Ideen ihrer Kundinnen umsetzen, sind oft wahre Künstlerinnen – die allerdings für die Verschönerung der Kundschaft ihre eigene Gesundheit aufs Spiel setzen. Denn was die verschiedenen Nagellacke und Nagelprodukte so widerstandsfähig, biegsam, schnelltrocknend und leuchtend bunt macht, ist für die Gesundheit insbesondere des Nagelstudio-Personals alles andere als ideal.
In den USA brechen deswegen nun strengere Zeiten für die zahlreichen Nagelstudios an: Nicht nur soll ihre Lohnpolitik systematisch unter die Lupe genommen werden – auch der Gesundheitsschutz steht für die Schönheitssalons erstmals im Fokus. Dass das nötig ist, zeigen diverse Studien und Beobachtungen von Ärzten vor Ort.
Husten und Hautausschläge
So zeigte beispielsweise eine 2006er Studie unter 500 Nageldesigerinnen aus Colorado, dass jede fünfte Tag und Nacht von Husten geplagt wird. Jene, die ständig an und mit künstlichen Nägeln arbeiteten, hatten ein dreifach erhöhtes Asthmarisiko.
Zwar ist die Zahl der Studien und die Zahl der dabei untersuchten Nageldesignerinnen nicht wirklich aussagekräftig. Doch Ärzte, die viele Patienten aus dieser Berufsgruppe behandeln, bemerken: Nageldesignerinnen erleiden offenbar auch besonders häufig Fehlgeburten, bekommen untergewichtige oder behinderte Kinder. Sie erkranken häufiger an Krebs, an Lungenleiden oder kämpfen mit massiven Hautproblemen.
Hand- und Mundschutz
Die USA verpflichtet die Kleinbetriebe deshalb jetzt zu Massnahmen, die so profan sind, dass sie eigentlich selbstverständlich sein sollten: Obligatorische Handschuhe sollen die Haut vor chemischen Mitteln, aber auch vor Pilzinfektionen und vor einer Ansteckung mit Warzen schützen.
Spezielle Atemmasken sollen sicherstellen, dass das Personal weniger Staub durch das Zurechtfeilen, aber auch weniger chemische Dämpfe inhaliert – der normale Mundschutz aus Spitälern kann das nicht leisten. Und darüber hinaus müssen die US-Salons künftig fachgerecht belüftet sein.
Immerhin: In Europa sieht die Lage für die Nageldesignerinnen ein wenig besser aus. Während hierzulande rund 1300 verschiedener Chemikalien für Kosmetika verboten sind, sind es in den USA derer weniger als zwölf.
Doch ob verboten oder nicht: Von den 20 üblicherweise in Nagelprodukten enthaltenen Inhaltsstoffen sind 17 auf Dauer zumindest für die Lunge schädlich – das ist auch hier so. Dass viele von ihnen bei direktem und dauerhaftem Kontakt auch die Haut irritieren, ist naheliegend.
Spezielle US-Bedingungen
Beispiel Dibutylphthalat: Im EU-Raum ist dieser Stoff verboten, in den USA dagegen nicht. Auch das krebserregende Formaldehyd, das künstliche Nägel gut aushärten lässt, kommt in Amerika zum Einsatz, ab 2016 ist es aber in der EU in allen Kosmetika verboten. Toluol, das Lösungsmittel, das den Nagellack gut streichfähig macht, ist auch hier zugelassen, kann aber die kognitiven Fähigkeiten und die Nierenfunktion beeinträchtigen und die Entwicklung des Fötus stören.
Ebenfalls auch in der Schweiz kommt bei Acrylnägeln Methacrylat zum Einsatz, das bei Kundinnen Allergien, Hautreizungen und Hautveränderungen rund um den Fingernagel auslösen kann. Sogar Hautreaktionen im Gesicht, beispielsweise an den Augenlidern, können davon stammen.
2014 deckte ein Test in «Öko-Test» zudem auf, dass manche Lacke eigentlich verbotene Phenole enthalten – einen Stoff, der das Erbgut schädigen und Nervenstörungen hervorrufen kann. Immerhin enthielten die meisten der untersuchten Nagellacke Ersatzweichmacher, die zwar gesundheitlich immer noch nicht ideal sind, aber deutlich besser als ihre Vorgänger.
Auch hierzulande ist der Umgang mit Nagelpflegeprodukten gesundheitlich nicht unbedenklich, wie folgende Auflistung zeigt:
Umstrittene Inhaltsstoffe
Übrigens: Für Kundinnen fällt das Risiko durch Nagelpflegeprodukte weit weniger ins Gewicht als für das Personal von Nagelstudios, das tagtäglich in diesen Dämpfen arbeitet. Gut lüften beim Auftragen und Entfernen von Nagellacken kann aber sicher nicht schaden.