In mehreren Gesprächen wurden dem 18-Jährigen Gianluca und seinen Eltern von Prof. Hermann Sailer die Operationsvorgänge erklärt. Gianluca hat in all den Jahren bereits einige schwierige Operationen über sich ergehen lassen müssen; im Alter von drei Jahren etwa eine sogenannte Distraktion. «Von Natur aus wächst der Organismus kontinuierlich. Einige Gesichtsteile wuchsen jedoch besser als andere. Wir konnten dank des von uns entwickelten Distraktors den Unterkiefer nach vorne bewegen», blickt der bekannte Gesichts- und Kieferchirurg zurück. «Mit dieser Extensionsbehandlung, diesem Vorbewegen, kam auch die Zunge nach vorne, die Atemwege wurden grösser und so konnte er ohne Kanüle atmen.» Dieses nach Vorne-Bewegen dauerte seine Zeit, denn der Kiefer musste sukzessive in die Endposition gebracht werden.
Im November 2011 folgte eine der längsten Operationen am Ober- und Unterkiefer, ebenso am linken Auge von Gianluca. Prof. Sailer: «Es war eine komplizierte Operation. Ich war mir zumindest anfänglich nicht sicher, ob ich alles so hinbekomme, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es gibt bei dieser Art von Eingriff keine Anleitungen. Da muss man sich auf seine Erfahrungen aber auch auf seine Kreativität verlassen können. Ich bin froh, dass alles so gut verlief.»
Musik im Operationssaal
Es gibt inzwischen einige Untersuchungen die belegen, dass Patienten vor der Operation durch Musik, oft nach eigener Auswahl, ruhiger werden. Aber nicht nur bei Patienten wirken Klänge positiv. Bei Prof. Hermann Sailer ist Musik im Operationssaal Tradition; den OP-Mitarbeitenden gefällt dies ebenso. Es ist jedoch nicht irgendeine beliebige Musik die der OP-Crew der Bethanien Klinik, wo sich der Operationssaal befindet, hilft, konzentrierter zu arbeiten: Sailer bevorzugt Bach. Nicht etwa Philipp Emanuel oder einen anderen aus der bekannten Komponistenfamilie, sondern er favorisiert Kompositionen von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750). Für die Fernsehaufnahmen von «Puls» musste er jedoch für einmal darauf verzichten, weil die Klänge die Verständlichkeit des Original-Operationstons beeinträchtigt hätten.
Mahlzeit am Operationstisch
Vielleicht haben Sie sich auch schon gefragt, wovon sich eine Operationscrew während Marathon-Operationen wie jener von Gianluca – die immerhin über 16 Stunden dauerte – überhaupt ernährt? Zumal die Operation nicht für einen Snack unterbrochen werden kann und sich alles im sterilen Bereich abspielen muss. Prof. Sailers Lösung: Ein von ihm eigens kreierter nahrhafter Drink, der von allen Beteiligten per dem Strohhalm genossen wird.
Dieser «OP-Drink» war die einzige Nahrung, die Prof. Sailer, Dr. Maja Kapor und Operationsschwester Jelena Tejic während der gesamten Operationszeit zu sich genommen haben. Die anderen Mitarbeitenden wurden während des langandauernden Eingriffs ausgewechselt. Im Laufe des späteren Nachmittags gab es zum Drink noch einen Fruchtsaft – ausgiebig gegessen wurde dann nach der Operation. Um zwei Uhr früh.