Aus Angst vor einer Glatze nehmen über 100'000 Männer in der Schweiz das Haarwuchsmittel Finasterid. Das Mittel wirkt, doch Depressionen, Konzentrationsschwäche und Impotenz können die Folge sein. Das Medikament steht unter Verdacht, dauerhafte und schwere Nebenwirkungen zu haben.
Dass Finasterid Impotenz und Erektionsstörungen auslösen kann, ist bereits seit längerem bekannt. Laut Studien erkranken rund zwei Prozent an diesen Nebenwirkungen. Die Patienten, die das Medikament täglich schlucken, nehmen dieses Risiko bewusst in Kauf, es ist im Beipackzettel aufgelistet.
Unbekannte Nebenwirkungen aufgetaucht
Lange unbekannt war, dass die unerwünschten Effekte nicht verschwinden. Auch nicht nach dem Absetzen des Medikaments. Manchmal tauchen die Nebenwirkungen sogar erst nach dem Absetzen auf. Seit 2012 melden sich immer wieder Patienten mit diesem Problem.
Die Medizin kennt nun ein neues Krankheitsbild: Das «Post-Finasterid-Syndrom». Hinweise dazu sind in der Packungsbeilage noch immer nicht zu finden. Laut MSD, dem Hersteller des Original-Präparats, gibt es zu wenige Beweise, dass es ein solches Syndrom wirklich gibt. Zurzeit sei es erst noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen.
Hormonhaushalt dauerhaft verändert
Finasterid greift in den Hormonhaushalt des Körpers ein. Es bremst die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron (DHT) – ein Stoff der die Haare ausfallen lässt.
Dermatologen rätseln nun darüber, ob damit auch der Stoffwechsel im Gehirn verändert wird. Urologe Christian Sigg hat einen Erklärungsansatz:
Möglicherweise bleibt der Stoffwechsel dauerhaft geschädigt. Je länger Finasterid eingenommen wird, desto höher ist das Risiko von langanhaltenden Problemen. Die komplexen Symptome wurden über lange Zeit unterschätzt. Laut Medizinern ist dieses Störungsbild kaum behandelbar.
Sammelklagen eingereicht
Immer mehr Männer melden und gruppieren sich, um Klagen gegen die Hersteller einzureichen. Alleine in den USA sind bereits 1400 Klagen eingegangen. Zwei Geschädigte in Deutschland klagen sogar gegen die Aufsichtsbehörde. Die Betroffenen sind frustriert, dass sie nicht vorgängig wussten, welches Risiko sie eingehen.