Fast jeder zehnte Schweizer lebt ständig mit einem lästigen Ohrgeräusch, medizinisch Tinnitus. Ist das Pfeifen, Rascheln oder Brummen auch nach einem halben Jahr noch nicht verschwunden, spricht man von einem chronischen Tinnitus. Die Therapie ist schwierig, eine Heilung gibt es nur in ganz seltenen Fällen. Sie tritt dann so spontan auf wie der Tinnitus gekommen ist.
Dass es kaum Heilung gibt, liegt daran, dass der Tinnitus keine Krankheit ist, sondern ein Symptom, das sehr viele Ursachen haben kann. Oft müssen die Betroffenen einfach lernen, mit dem Dauerton im Ohr zu leben. Da sich die Tinnitus-Geplagten aber an beinahe jeden Strohhalm klammern, der Besserung verspricht, ist die Behandlung des Tinnitus zu einem lukrativen Geschäft geworden: Auf dem Markt tauchen immer wieder neue, erfolgverheissende und meist ziemlich kostspielige Angebote auf.
- Tinnitus - Leben mit dem Dauergeräusch , Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen
- Schweizerische Tinnitus-Liga - Infos zum Ohrgeräusch , Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen
- Studie - «Tailor-made music reduces tinnitus loudness» , Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen
- Studie - «Akustische CR-Neuromodulation und Tinnitus-Symptomatik» , Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen
Die neuesten Therapien setzen direkt im Hirn an – dort wo bestimmte Nervenzellen im Hörzentrum plötzlich hyperaktiv arbeiten, was als Tinnitus wahrgenommen werden kann. Der «Neurostimulator» muss vom Hörakustiker angepasst werden, weil das Gerät die richtige und eben keine beliebige Tonfolge abspielen muss. Heisst, die Töne müssen sehr nah am eigentlichen Tinnitus-Ton liegen. Und der ist bei jedem Betroffenen anders. Die eingestellte Tonfolge, die Ähnlichkeit mit Vogelgezwitscher hat, soll beim chronischen Tinnitus exakt die Nervenzellen im Hirn beeinflussen, die überaktiv sind. Ziel ist es, diese überaktiven Hirnzellen zu beruhigen. Im günstigen Fall wird der Tinnitus leiser und geht in der Frequenz zurück, was als angenehmer empfunden wird.
Zahllose Therapieansätze im Angebot
Oft haben Tinnitus-Geplagte einen regelrechten Spiessrutenlauf hinter sich und bereits viele Therapien und Methoden ausprobiert. Was auf dem Markt alles zu finden ist, zeigt die folgende Liste – ohne Wertung oder Anspruch auf Vollständigkeit.
A |
Akupunktur | Traditionelle Akupunktur, oft kombiniert mit dem Aufkleben heilsamer Samenkörner auf diverse Akupunkturpunkte am Ohr. Soll den Energiefluss im Körper wieder verbessern. Soll die Belastung durch das Ohrgeräusch abbauen. Atemtherapie nach Holl, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen | Durch atemtherapeutische Übungen soll die Lebenskraft wieder in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Alexander-Technik | Körpertherapie-Form, soll das Wohlbefinden durch Erlernen der richtigen Bewegung und Körperhaltung heben. Ayurveda | Beinhaltet Ernährung, Yoga und therapeutisches Arbeiten mit Farben, Musik, Atem oder Klang. Die indische Heilmethode will den Stoffwechsel wieder harmonisieren und auch das Innere des Patienten wieder ins Gleichgewicht bringen |
B |
Bach-Blüten-Therapie | Heilmittel auf Basis aufbereiteten Taus von Blumen mit Heilwirkung. Soll den Patienten wieder harmonisieren, einen ausgeglichenen Gemütszustand wiederherstellen und Stress und Aggressionen minimieren. Biofeedback | Patienten sollen lernen, eigene Körpersignale zu erkennen und zu beeinflussen. Biometrale Therapie | Ansatz, der auf den Verkauf von Kassetten und Bücher von Dr. Greuel abzielt. Der Patient soll durch verschiedene Entspannungstechniken unter Zuhilfenahme von Rotlicht, erdmagnetischer Strahlung oder Sauerstoff die Verbindung zwischen Körper und Geist wiederherstellen. Blutegel, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen | Ansetzen von Blutegeln auf und hinter das Ohr. Entzündungshemmende Stoffe sollen dem Ohr gut tun. |
C |
Chirotherapie | Will bei Halswirbelsäulenbeschwerden, welche einen Tinnitus (mit-)auslösen können, durch Weichteiltechniken und schonende Lösung von Gelenkblockaden die Durchblutung verbessern. CMD-Therapie (craniomandibuläre Dysfunktion) | Therapie, beispielsweise mit einer Aufbissschiene, über die der Zahnarzt Funktionsstörungen des Kauapparates behandelt, die möglicherweise für einen Tinnitus verantwortlich sind. |
D |
Druckkammertherapie (auch: Hyperbare Sauerstofftherapie, HBO) | Beruht auf der Annahme, dass einem Tinnitus eine schlechte Sauerstoffversorgung der Sinneszellen zugrunde liegt, die man so verbessern kann. Kommt nur bei Patienten mit gesundem Herz-Kreislauf-System in Frage. |
E |
Earlaser, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen | Soll direkt den Stoffwechsel der Zellen im Innenohr stimulieren, um deren Energiehaushalt zu verbessern. Elektrotherapie | Soll die elektrischen Vorgänge im Innenohr optimieren. Entspannungstechniken | Durch Hypnose, autogenes Training, Yoga oder andere Methoden lernt der Patient, sich zu entspannen und den Tinnitus weniger wahrzunehmen. |
F |
Fussreflexzonenmassage | Soll entspannen und Stress lindern, der durch die anhaltenden Ohrgeräusche entsteht. |
G |
Gingko-Medikamente | Sollen das Wohlbefinden verbessern und beispielsweise Kopfschmerzen verringern. |
H |
Hörgerät | Bringt bei gleichzeitigem Hörverlust Besserung, da die Umgebungsgeräusche besser wahrgenommen werden und damit den Tinnitus «übertönen». Homöopathie| Globuli sollen helfen, mit dem Ohrgeräusch besser umzugehen. Hydrotherapie | Kalte Ohren- oder Nackengüsse sollen das Ohr kühlen und entkrampfen |
I |
Infusionen | mit Substanzen, welche das Blutvolumen vermehren und die Gefässwände erweitern. Fördern die Durchblutung, vor allem im Innenohr und sind oft eine der ersten Therapiemassnahmen. |
K |
Kinesiologie | Manuelle Therapie mit dem Ziel, die geschwächten und unter «Energieblockaden» leidenden Muskeln wieder mit der notwendigen Energie zu versorgen. Klangtherapie | CDs mit Klängen, welche speziell auf die jeweilige Tonhöhe des Tinnitus abgestimmt sind und diese neutralisieren sollen. Klangkissen, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen | Kissen mit integrierten Lautsprechern, über das klangtherapeutische Töne beim Einschlafen direkt am Ohr gehört werden und das den Nacken entlasten soll. Kraniosakraltherapie | Spezielle Technik der Osteopathie. Die manuelle Therapie soll den Skelettapparat wieder ins Lot bringen und Tinnitus-Symptome abschwächen. |
L |
Lymphdrainage im Kopf-Hals-Bereich | Durch die sanfte Massage der Lymphabflussgefässe des Ohres sollen mögliche Lymphstaus (Lymphostasen) beseitigt werden. |
M |
Magnetfeldtherapie | Hals und Kopf werden in die Nähe einer Magnetfeldspule gebracht. Das Magnetfeld wirkt auf Nervenzellen in der Hirnrinde, vermindert deren überschiessende Aktivität und lindert so vorübergehend das Ohrgeräusch. Masker | Erzeugt ein kontinuierliches Rauschen Medikamentöse Therapie | Mit Kortison oder Antidepressiva. Der Nutzen von Magnesium wird diskutiert. Alternativmedizinisch kommen Gingko, Homöopathie oder Bachblüten-Therapie zum Einsatz. Moxibustion | Erwärmte Akupunkturnadeln sollen den Energiefluss im Körper sicherstellen. Durch die erwärmten Nadeln gelangt Wärme ins Gewebe. Dazu können beispielsweise noch Beifuss-Fasern abgebrannt werden oder solche Kräuterkegel auf den Nadeln abgebrannt werden. Musiktherapie | Beim Musizieren soll das Ohr auf andere Geräusche geschult werden. |
N |
Naturemaskers, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen | CDs mit entspannenden Naturgeräuschen lenken den Patienten vom Tinnitus ab und entspannen ihn. Weiter gibt es Musik, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen, die bei Tinnitus besonders angenehm empfunden wird. Noiser | Ein Gerät, das man wie ein Hörgerät im Ohr trägt und das «Störgeräusche» sendet, um den Tinnitus abzuschwächen. Auch mit einem Hörgerät kombinierbar. |
O |
Ozontherapie | Dem Patienten entnommenes Blut wird mit Ozon angereichert. Danach führt man dem Körper das ozonhaltige Blut per Infusion wieder zu, wo es seine diversen heilenden Wirkungen entfalten soll. Soll die Durchblutung fördern und die Sauerstoffversorgung der Zellen verbessern. Osteopathie | Behandlung des Skelettsystems. Basierend auf der Annahme, dass ein Tinnitus auch mit Problemen in der Halswirbelsäule zusammenhängen kann. |
P R |
Psychotherapie, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen | zielt auf ein sogenanntes Retraining, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen ab. Mittels verschiedener Therapieformen lernt der Patient, die Aufmerksamkeit vom Tinnitus wegzulenken, das Hören wieder angenehm zu besetzen und das Leiden vom Symptom zu trennen. Die Tinnitusklinik in Chur ist auf diesem Gebiet spezialisiert und bietet verschiedene Therapie-Methoden an. Die Einweisung passiert durch den behandelnden Arzt des Betroffenen. Retraining, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen -Therapie siehe unter P Psychotherapie |
S |
Shiatsu | Massageform aus dem Fernen Osten. Durch leichtes Massieren bestimmter Punkte sollen gestörte Energieströme wieder in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Ziel ist auch, den Stress zu vermindern und Schlafstörungen zu beheben. Soundsysteme | Soundsysteme werden im Rahmen der Geräuschtherapie eingesetzt. Es gibt dabei Systeme mit Naturgeräuschen ebenso wie sogenannte Noiser oder Masker. Was sich eignet, ergibt sich meist in Rücksprache mit dem Arzt. Ein Hörgeräteakustiker hilft dann bei der Suche eines geeigneten Soundsystems und passt dieses an den Patienten an. Spiraldynamik | Anatomisch begründetes Bewegungs- und Therapiekonzept, beim Tinnitus für die Halswirbelsäule. |
Z |
Zimmerbrunnen | Viele Patienten empfinden das Plätschern eines Brunnens im Schlafzimmer als beruhigende Ablenkung von ihrem Ohrgeräusch. |