Ob gegen Masern, Grippe, Mumps, Hepatitis oder Kinderlähmung: für viele Virenkrankheiten gibt es eine Schutzimpfung – keine andere medizinische Innovation hat mehr Leben gerettet.
Doch im Sortiment fehlt ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2. Was dem neuen Coronavirus erlaubt, sich ungehindert zu verbreiten, in uns einzudringen und Körperzellen in Virenfabriken umzufunktionieren.
In Labors weltweit wird an Mitteln geforscht, die diesen Ablauf stören, aufhalten, verhindern sollen – stets mit dem Ziel, die ungehemmte Ausbreitung des Virus zu stoppen.
Drei Ansätze stehen dabei im Vordergrund: aktive Impfung, passive Impfung und Medikamente.
Eine aktive Impfung ist die beste Methode, um zu verhindern, dass das Virus den Körper austricksen kann.
Das Immunsystem wird mit gespritzten Virenteilen vorinformiert. Das löst die Produktion von passenden Antikörpern aus, die das gefährliche Virus im Ernstfall neutralisieren und dem Abwehrarsenal des Immunsystems auch später zur Verfügung stehen.
Am weitesten fortgeschritten mit einem Impfstoff scheint derzeit die US-Gentech-Firma Moderna. Ihr Impfstoffkandidat wird seit letzter Woche vom amerikanischen Gesundheitsinstitut an ersten Patienten auf Verträglichkeit getestet und ist von einer ganz neuen Art: Er besteht vereinfacht gesagt lediglich aus einem Stück Gencode, das dem Immunsystem dabei hilft, eine passende Immunantwort zu produzieren.
Funktioniert der Ansatz, wäre die Produktion einer ausreichenden Menge Impfstoff wohl innert weniger Monate machbar. Problematischer ist der Zeitbedarf für die Zulassung.
Insgesamt rund sechs Jahre dauert dieser Prozess bei einem normalen Impfstoff. Auch wenn für Covid-19 das Verfahren beschleunigt wird und man den Impfstoff ohne Phase-3-Studie direkt anwenden würde: Es dauert immer noch mindestens ein Jahr – und die Gefahr für unerwartete Nebenwirkungen in der breiten Anwendung läge höher.
Eine weiteres Mittel gegen das Coronavirus: die passive Impfung.
Hier werden labortechnisch gewonnene Antikörper direkt eingeimpft. Sie heften sich an die Oberfläche des Virus und neutralisieren es wie bei einer aktiven Impfung. Die Wirkung setzt rasch ein, aber der Schutz durch die nicht vom Immunsystem selber produzierten Antikörper ist nicht nachhaltig.
Bereits Erkrankten könnte das Verfahren trotzdem helfen. Aber auch eine passive Impfung muss entwickelt und getestet werden. Und: Die Antikörper können nicht in grossen Mengen produziert werden.
Die dritte Option im Kampf gegen das Coronavirus: Medikamente.
Die Wirkmechanismen von antiviralen Medikamenten sind verschieden. Das Ziel ist aber stets dasselbe: Die Viren davon abhalten, den Zellkern zu kapern und so die Körperzelle in eine Virenfabrik umzufunktionieren.
Auch hier sind Labors weltweit am Forschen. Derzeit führend: Der Pharmakonzern Gilead mit einem Medikament, das für Ebola entwickelt wurde: «Remdesivir». Es wird derzeit in den USA an ersten Covid-19-Patienten getestet.
Der Berner Virologe Volker Thiel gibt sich vorsichtig optimistisch: «Wir sehen eine sehr gute Wirkung in Zellkulturen. Im Tiermodell sieht man aber, dass es vor allem früh hilft. Das heisst: vor oder ganz früh in der Infektion.»
Ob der Nutzen auch später im Verlauf der Krankheit noch so hoch ist, bleibe abzuwarten.