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Mehr Transparenz bei Studien «Wir wissen nicht, ob Medikamente wirken oder nicht»

Ärzte sind auf Studien angewiesen. Viele Ergebnisse erfahren sie aber nicht direkt. Eine Kampagne fordert Transparenz.

Das Grippemittel Tamiflu wurde erst aggressiv vermarktet. Dann erwies es sich als ziemlich nutzlos. Ein extremes Beispiel, aber es gibt unzählige mehr. In Zahlen: Von allen Studien, die europaweit gemacht werden, wird gerade einmal die Hälfte der Ergebnisse innerhalb von 12 Monaten veröffentlicht. Das belegt eine aktuelle Studie.

Beispiel Grippemittel Tamiflu

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Es geht um die Gesundheit vieler Menschen und um viel Geld. Klar wird das am Beispiel Tamiflu: In den Jahren 2005 und 2009, als die Angst vor einer Grippepandemie die Welt im Griff hatte, galt es als einziges Mittel dagegen. Regierungen weltweit legten für viel Geld Notfall-Vorräte von Tamiflu an. Auch die Schweiz. Doch im Rückblick ist klar: Das war ausgeschmissenes Geld und der Schutz vor Grippe trügerisch. Heute gilt Tamiflu in Fachkreisen als praktisch wirkungslos. Studienergebnisse hatte es bereits gegeben, nur wurden die nicht veröffentlicht.

Initiiert wurde die Studie von der Kampagne Alltrails. Sie wirbt dafür, dass Ärzte, Forscherinnen, Kliniken und Pharmaunternehmen – wenn es sein muss – zu Transparenz gezwungen werden.

Audio
Zu wenig Transparenz bei klinischen Studien
aus Wissenschaftsmagazin vom 20.10.2018. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 14 Sekunden.

Risiko für die Patienten

Unveröffentlichte Ergebnisse seien ein Risiko für die Patienten, sagt Campaignerin Sile Lane: «Wir wissen so nicht, ob Medikamente wirken oder nicht, und auch nicht, ob sie sicher sind oder nicht.»

Was auffällt: Waren Pharmaunternehmen noch vor wenigen Jahren recht zurückhaltend, was die Transparenz angeht, sind sie heute deutlich pflichtbewusster. 68 Prozent liefern schnell Resultate. Bei akademischen Studien an Universitäten oder Unispitälern sind es dagegen nur 11 Prozent.

Dabei gibt es seit kurzem in der EU und in den USA klare Gesetze, die vorschreiben, dass innerhalb von 12 Monate nach Studienende müssen Ergebnisse online auf einschlägigen Registern hinterlegt sein müssen.

Zwar wurde bisher noch nie ein Verstoss gegen diese Regeln geahndet, doch die Gesetze sind eindeutig.

Schweiz: kein Zwang zur Transparenz

In der Schweiz ist Transparenz allerdings noch nicht Gesetz, das Humanforschungsgesetz sieht nur vor, dass klinische Studien vorab registriert werden.

Auf Ende 2019 steht nun eine Evaluation dieses Gesetzes an, sagt Brigitte Meier, stellvertretende Leiterin der Abteilung Biomedizin beim Bundesamt für Gesundheit: «Transparenz wird dann ganz sicher ein Thema sein.»

Nur: Was könnte, abseits von gesetzgeberischem Druck, noch helfen, für Transparenz zu sorgen? Vielleicht brauchen Forscher an akademischen Einrichtungen nur die richtige Unterstützung?

Fast jede grössere Forschungsinstitution in der Schweiz hat eine sogenannte Clinical Trials Unit, kurz CTU, eine Art Service-Center für Forscher und Medizinerinnen, die klinische Studien machen wollen.

Gesetz- und Geldgeber müssten handeln

Eigentlich war mehr Transparenz eins der Ziele, mit dem man gestartet sei, sagt Sven Trelle, Leiter der CTU der Universität Bern. Durchsetzen liess sich das aber kaum: «Wir haben keine Handhabe, wir können nur sagen ‹man müsste mal›».

Ohne Druck von Aussen, vom Gesetzgeber und von Geldgebern wird sich nichts bewegen, sagt Trelle. Zu oft fehlten Zeit und Ressourcen, zu oft sähen Forscher an akademischen Institutionen den Wert von zügiger Transparenz nicht ein.

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