Zecken haben Hochsaison, vor allem von März bis Oktober. Aktuell häufen sich Tage mit Temperaturen von 25 Grad oder mehr. Es gibt mehr Zecken – und sie bringen neue Krankheiten mit. Was das für uns Menschen bedeutet, ordnet Wissenschaftsredaktorin Katharina Bochsler ein.
SRF: Den Zecken ist es immer wohler bei uns, sollte uns Menschen da unwohl werden?
Katharina Bochsler: Wir müssen zumindest aufmerksamer sein und unseren Körper regelmässig nach kleinen schwarzen Punkten absuchen. Denn die Zecken werden nicht nur mehr, sie breiten sich auch aus. Wegen der steigenden Temperaturen, gibt es immer häufiger auch dort Zecken, wo es früher kälter war – also auch in höher gelegenen Regionen.
Zecken können verschiedene Infektionskrankheiten übertragen. Die Zeckenimpfung schützt nur vor der Frühsommer-Meningoenzephalitis. Lohnt sich die Impfung trotzdem?
In der Schweiz erkranken jährlich zwischen 100 und 250 Menschen an der Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, einer Gehirnentzündung. Tendenz steigend. Das mag nach wenig klingen. Aber die Impfung lohnt sich, weil FMSE sehr schwer verlaufen kann. Das FMSE-Virus kann die Hirnhaut und das Gehirn angreifen und Bewusstseinsstörungen, epileptische Anfälle, Atemprobleme oder bleibende Lähmungen verursachen.
Die Lyme-Borreliose dagegen, die am häufigste durch Zecken übertragene Infektion, wird mit Antibiotika behandelt. Sie ist eine bakterielle Infektion, die unter anderem die Gelenke und die Nerven angreift.
Kürzlich haben Forschende der Universität Zürich bei uns ein neuartiges, von Zecken übertragenes Virus entdeckt. Wie gefährlich ist es?
Das neue Alongshan-Virus wird mit erkältungstypischen Symptomen wie Fieber, Kopfweh, Muskel- oder Gelenkschmerzen in Zusammenhang gebracht. In einer chinesischen Studie werden auch heftigere Symptome wie Fatigue oder Depressionen geschildert.
Die Medizinerinnen und Mediziner sind hier aber noch sehr vorsichtig mit Schlüssen. Sie sagen, dass das Virus mit diesen Symptomen «assoziiert» scheint. Es ist noch nicht klar, ob es auch die Ursache ist.
Wie verbreitet ist das Alongshan-Virus in der Schweiz?
Es scheint schon recht verbreitet zu sein. Eine Studie der Universität Zürich zeigt, dass es sogar häufiger in Zecken vorkommt als das FSME-Virus. Das heisst aber auch: Wenn es schon so verbreitet ist, ohne dass wir es bemerkt haben, stehen wir nicht am Anfang einer superdynamischen Ausbreitung.
Immer mehr Zecken aus tropischen Gebieten sind auch in Europa zu finden. Warum?
Bekannt ist vor allem die tropische Hyalomma-Zecke. Sie ist bis zu dreimal grösser als unsere einheimischen Zecken und hat im Gegensatz zu unseren Zecken Augen. Sie kann ihre Opfer bis zu zehn Meter Entfernung sehen und hunderte von Metern verfolgen.
Diese Zecke kann das Krim-Kongo-Virus übertragen. Wie gefährlich ist dieses Virus?
Das ist ein sehr ungemütliches Virus. Es kommt vor allem in Afrika und Asien vor und in einzelnen Regionen Europas. Die ersten Symptome sind hohes Fieber und Schmerzen, später dann Schläfrigkeit. Bei schweren Verläufen werden innere Organe angegriffen. Es kann zu inneren Blutungen kommen, zu sogenanntem hämorrhagischem Fieber. Die Sterblichkeit beträgt bis zu 40 Prozent. Zur Beruhigung: Die Hyalomma-Zecke hat es auf grössere Wesen als den Menschen abgesehen. Sie sticht am liebsten bei Pferden zu.
Das Interview führte Katrin Zöfel.