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Eine Frau hält die Augen zu und niesst in ein Taschentuch.
Legende: Und täglich grüsst das Taschentuch: Heuschnupfen ist hierzulande zur Volkskrankheit geworden. Getty Images

Pollen-Allergie Haaatschi! Heuschnupfen plagt immer mehr Menschen

Niesen wider Willen: Heute plagt der Blütenstaub selbst lange verschonte Bevölkerungsgruppen wie Betagte oder Nicht-Allergiker.

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz leiden heute fast doppelt so viele Menschen unter Heuschnupfen wie noch vor 30 Jahren.
  • Neuere Studien zeigen die Treiber der Entwicklung: Die Bäume in der Stadt reagieren auf die Luftschadstoffe und produzieren aggressivere Pollen.
  • Auch der Klimawandel begünstigt aggressiven Blütenstaub: Allergene Pflanzen reagieren auf erhöhte Trockenheit mit mehr Stress-Eiweissen.

Doppelt so viele Betroffene wie vor 30 Jahren

Die Heuschnupfengeplagten landauf, landab werden zahlreicher. Machten sie in den 1980er-Jahren rund zehn Prozent der Bevölkerung aus, liegt ihr Anteil heute zwischen 15 und 20 Prozent.

Fast doppelt so viele Menschen haben mittlerweile also mit Niesanfällen, Schnupfen und tränenden Augen zu kämpfen, wenn die etwa 20 heuschnupfenfördernden Pflanzen blühen – aktuell vor allem Gräser, Wegerich, Ampfern und Brennnesseln.

Was zur steten Ausweitung der Pollenallergien führt, wird genau erforscht, gerade auch in der Schweiz: «Die Pollenmessungen von MeteoSchweiz sind weltweit einmalig exakt, bald schon auf den Tag genau», lobt Peter Schmid-Grendelmeier, Leiter der Allergologie am Universitätsspital Zürich. «Das hilft uns, die Ursachen von Heuschnupfen noch besser zu verstehen.»

Blüte einer Birke
Legende: Feind der Heuschnupfen-Geplagten: Die Birke. Colourbox

Aggressivere Pollen in der Stadt

Was sind die Ursachen für den sich ausbreitenden Heuschnupfen? Umweltschadstoffe belasten nicht nur Menschen, sondern auch Pflanzen. «Verkehrsabgase beispielsweise fügen einer Birke am Strassenrand winzige Verletzungen an Blättern und Rinde zu. Um diese Wunden zu heilen, bildet der Baum Eiweisse, auch in den Pollen», sagt Georg Schäppi, Geschäftsleiter des Allergiezentrums Schweiz.

Diese Wundheilungs-Eiweisse tun der Birke gut. Doch beim Menschen lösen sie die Allergie aus. Mit anderen Worten: Je mehr Wunden die schadstoffbelastete Birke heilen muss, umso eiweissreicher und aggressiver werden ihre Pollen.

Stadtbirken sind für Allergiker daher heikler als Landbirken. Und weil die Verstädterung zunimmt, fliegen vermehrt «gestresste Pollen» durch die Luft, auch von Stadt-Eschen, -Haseln und -Eichen.

Klimaerwärmung: Ambrosia blüht auf

Auch der Klimawandel begünstigt aggressiven Blütenstaub. Denn auf Trockenheit reagieren allergene Pflanzen genauso mit mehr Stress-Eiweissen in den Pollen wie im Fall der Luftschadstoffe.

Mittel gegen Heuschnupfen

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Überdies verlängert sich mit den wärmeren Temperaturen die Vegetationszeit der Pflanzen zuweilen bis in den Winter hinein. Und: hochallergene Pflanzen wie die Ambrosia mit ihren winzigen Pollen gedeihen bei wärmeren Temperaturen gut.

Heuschnupfen ist das Resultat einer Fehlfunktion des körpereigenen Abwehrsystems: Die Immunzellen im Körper bekämpfen die an sich harmlosen Eiweisse im Blütenstaub. Sie tun dies eher, wenn jemand in der Kindheit selten mit Bakterien in Berührung kommt. Das Immunsystem ist dann zu wenig trainiert im Umgang mit gut- und bösartigen Fremdstoffen.

Mehr Dreck gegen Allergien

Die gestiegenen Hygienestandards unserer Gesellschaft fördern solche unterforderten Immunzellen. Viele Kinder wachsen behütet in Stadtwohnungen auf. Besser wäre es, sie würden im Sandkasten auch mal Dreck essen.

Besser dran punkto Allergieresistenz sind auch Personen, die auf natürlichem Weg statt via Kaiserschnitt geboren wurden. Denn sie bekamen schon im Geburtskanal die ganzen Bakterien der Mutter in die Atemwege und in den Magen-Darmtrakt. Aus dem gleichen Grund sind gestillte Kinder später resistenter gegen Allergien als Flaschenkinder.

Immer mehr Betagte betroffen

Pollenallergien «boomen» also aus diversen Gründen. Heute können sogar Nicht-Allergiker wegen Blütenstaub in der Luft ins Niesen kommen. Zum Beispiel wenn die Ozonbelastung sehr hoch ist, wie der Allergologe Peter Schmid-Grendelmeier festgestellt hat.

Eine weitere neuere Betroffenengruppe seien betagte Menschen, sagt Experte Georg Schäppi: «Lange hatten vor allem Kinder und Jugendliche Allergien. Das erstaunt nicht, denn allergische Reaktionen brauchen enorm viel Energie. Heute sind auch Betagte dazu imstande, weil ihr Abwehrsystem noch so fit ist.»

Heuschnupfen nimmt in unserer Gesellschaft also auch deshalb zu, weil die Bevölkerung fitter ist. Das zumindest ist doch eine gute Nachricht.

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