Rund 100 Singfreudige – vom Chor-Profi bis zum blutigen Anfänger – haben sich auf das Experiment eingelassen, in nur zehn Proben bereit für einen Auftritt beim Gesangfest in Meiringen zu werden. Dazu übten sie unter der Leitung von Dirigentin Elsbeth Thürig nicht nur fleissig, sondern stellten sich während der Vorbereitung auch für Experimente und Untersuchungen zur Verfügung, wie das Singen auf Körper und Psyche wirkt. So wurden während der Proben beispielsweise Hormon- und Herzfrequenzmessungen durchgeführt, aber auch Tests, um die eigene Stimme kennenzulernen. Ester Huber aus Knonau war eine von ihnen.
SRF: Frau Huber, wie sind Sie zum Puls-Chor gekommen?
Ester Huber: Ich bin völlig ohne Singerfahrung. Ich habe sogar ganze 20 Jahre gar nicht gesungen, nicht einmal zu Weihnachten, denn mein Mann und mein Sohn sind beide keine grossen Sänger. Ich habe dann per Zufall in der Sendung den Aufruf gesehen und gedacht: Das wäre doch was für mich.
... 20 Jahre ganz ohne Gesang, und dann dieser Schritt?
Ich hätte früher eigentlich gerne gesungen. Ich war damals im Turnverein. Auf unserer jährlichen Reise haben wir im Zug gesungen, bis wir heiser waren, das war immer sehr schön. Und meine Schwägerin war in einem Chor, das fand ich lässig. Aber ich wohne nicht im gleichen Ort, sonst wäre ich sicher einmal mitgegangen. Hinzu kommt: Der «Puls»-Chor ist ein unverbindliches, zeitlich begrenztes Angebot, bei dem man das Singen im Chor einfach einmal ausprobieren kann. Und dazu hiess es ja: keine Erfahrung nötig.
Wie geht es Ihnen jetzt mit diesem Experiment?
Es macht grossen Spass. Ich bin erstaunt, wie schnell es doch gut tönt, obwohl die Teilnehmer bunt zusammengewürfelt sind. Allerdings habe ich den Eindruck, fast alle haben doch bereits Chorerfahrung. Das ist dann für diejenigen ganz ohne Erfahrung etwas enttäuschend und eher schwer. Aber unter dem Strich ist das gemeinsame Singen eine tolle Erfahrung.
Wenn wir Proben hatten, bin ich morgens um halb sieben aus dem Haus und erst abends um halb zehn nach der Probe wieder heimgekommen. Aber es war dann trotzdem nicht so, dass ich müde war. Einmal bin ich mit Kopfschmerzen hingegangen – und nach der Probe waren sie weg. Das Singen tut also auch wirklich körperlich gut.
Wie finden Sie die Liedauswahl, mit der Sie am Wochenende am Gesangfest in Meiringen auftreten werden?
Die Liedauswahl ist gut. Bei der ersten Probe kamen mir die Lieder noch sehr schwierig vor. Bislang war es ja immer so, dass alle die gleiche Melodie gesungen haben, wenn ich mal gesungen habe. Und jetzt sind es fünf Stimmen, die singen nicht alle das Gleiche. Ich habe dann vor allem am Anfang schon geschaut, dass ich nicht direkt neben einer anderen Stimme stehe.
Haben Sie Ihre Singstimme nach all der Zeit schnell wiederentdeckt?
Ich hatte anfangs Probleme. Beim ersten Singen musste ich husten, wurde heiser und hatte einen Belag auf der Stimme. Bei der Abklärung hat sich dann herausgestellt, dass die Stimmbänder ganz sauber sind, es ist nur fehlendes Training und falsche Singtechnik.
Was genau war verbesserungswürdig?
Ich habe gelernt, dass ich den Mund weiter öffnen muss, auch beim Sprechen. Sonst würgt man den Ton eher heraus, vor allem, wenn man versucht, lauter zu singen. Wenn man aber den Mund aufmacht, tönt es viel mehr. Das sieht anfangs seltsam aus und man muss sich dazu überwinden, vor allem, wenn Kameras dabei sind. Ich habe mir dann schon gedacht: Hoffentlich sieht mich keiner im Fernsehen! (lacht)
Heute sind die Stimmprobleme weg?
Ich bin immer noch heiser nach den Proben und habe eine Kröte im Hals. Aber man hat mir gesagt, dass man das trainieren muss. Man läuft ja auch keinen Marathon von heute auf morgen.