Die Sommerferien stehen vor der Tür, die Grenzen nach Europa sind wieder offen. Sonne und Strand locken – doch das Coronavirus schwebt wie eine dunkle Wolke über unseren Köpfen.
Was unternehmen eigentlich die Ferienorte für die Gesundheit ihrer Gäste? Für das Gesundheitsmagazin «Puls» nehme ich einen Augenschein auf der Insel Elba, wo Touristinnen und Touristen aus der Schweiz normalerweise die grösste Gästegruppe sind.
Ankunft in Piombino: Seit Jahrzehnten kaufe ich am Hafen hier die Tickets für die Fährpassage nach Elba. Das erste Mal aber mit Schutzmaske. Vor dem Espresso – Hände desinfizieren! Und auch den Barista habe ich noch nie so hinter Plexiglas gesehen.
Bei der Ausfahrt aus dem Hafen fällt mir auf: Es hat nur wenige Passagiere. Und einige der Italiener tragen Gesichtsmasken – auch auf offener See, bei frischer Meeresluft.
Ankunft in Portoferraio, der Inselhauptstadt. In der Hochsaison kommen hier täglich zehnttausende Touristen an. Doch noch scheint Elba ziemlich verlassen nach dem langen Lockdown.
Wir fahren zum Inselspital. Ich möchte wissen, wie man hier auf Touristen, die an Covid erkranken, vorbereitet ist. Gibt es Notfallpläne für die Hochsaison?
Schon am Eingang: Temperaturmessung. Touristen und Besucher aus der Schweiz will man jedoch gleich beruhigen. «Auf Elba gab es insgesamt 12 Corona-Fälle. Davon nur einen Toten, der aber schon eine ganze Reihe von Vorkomplikationen hatte», hält Spitaldirektor Bruno Maria Graziano fest und betont: «Momentan gibt es auf der Insel niemanden, der oder die positiv getestet ist.»
Bei 30'000 Einwohnern im Winter schön und gut. Was aber, wenn jetzt im August wieder 150'000 Touristen erwartet werden, die auch das Virus mitbringen könnten?
Die Antwort des Spitaldirektors: «Wenn jemand Symptome aufweist und der serologische Bluttest im Hotel oder auf dem Campingplatz auf eine Covid-Erkrankung hinweist, dann bitten wir um eine sofortige Rückreise, um die Untersuchungen zu Hause fortzusetzen.»
Touristen mit Symptomen bitten wir um eine sofortige Rückreise.
Wenig zuverlässige Antikörpertests, die eine Erkrankung erst Tage oder Wochen nach der Infektion nachweisen, als Diagnosemittel für Touristen? Mich beschleicht das Gefühl, dass damit neue Corona-Infektionen zu spät erkannt werden.
Der Spitaldirektor führt mich ins Untersuchungszelt, wo bislang die Corona-Verdachtspatienten untersucht werden. Hier finden wir einige Abstrichröhrchen für den zuverlässigen Virusnachweis. Doch leider gibt es davon nicht genug, wie auch andernorts in Italien. Für ein flächendeckendes Screening auch der Touristen fehlen die Mittel.
Luigi Genghi, der Leiter der Gesundheitsvorsorge auf Elba, weist zudem auf das begrenzte Zeitbudget der Reisenden hin: «Die Hals- oder Nasenabstrich-Tests, die wir haben, brauchen zwei Tage für ein Ergebnis. So lange aber wollen wir die Touristen nicht im Ungewissen lassen.»
Also dann lieber beim ersten Verdacht Elba-Touristen nach Hause schicken? Und wenn Touristen zum Beispiel in die Schweiz zurückgeschickt werden – wer kontrolliert die Einhaltung der Hygienevorschriften auf der Rückreise?
Wie das funktionieren soll, fragen wir Massimo de Ferrari, den obersten Hotelier der Insel. «Bei Verdacht auf eine Corona-Infizierung wird wohl jemand die Rückreise überwachen. Vielleicht übernimmt das auch die ganze Familie?», meint de Ferrari vage und setzt im Grossen und Ganzen auf die Selbständigkeit der Feriengäste.
«Wir wissen doch: Covid-Erkrankte können auch keine Symptome haben und deshalb aus eigener Kraft die Heimreise antreten – mit dem eigenen Auto, ohne Krankenwagen.»
Möglicherweise an Corona erkrankte Touristen, die auf eigene Faust quer durch Europa nach Hause reisen? Für mich eine abenteuerliche Vorstellung!
Noch fühlen sich die wenigen Gäste, die bereits auf Elba sind, sicher. Der Blick in die Zukunft bereitet aber durchaus Sorgen: «Jetzt im Moment ist es super», meint eine Schweizer Touristin, «aber wenn in einem Monat Hunderttausende von Menschen kommen, dann muss man die Situation sicher wieder neu abwägen.»
Aktuell setzt man auf Elba auf Selbstverantwortung. Bei mir bleibt ein mulmiges Gefühl und die Hoffnung, dass Elba und seine Touristen diesen Sommer von einer zweiten Welle verschont bleiben.