Der Bauch der Mutter, Inbegriff der Geborgenheit und Sicherheit. In Wirklichkeit bedeutet diese kurze Lebensphase aber: Nie sind Leib und Leben so gefährdet wie während der Schwangerschaft. Den 80'000 Geburten stehen jährlich 340 bis 350 Totgeburten gegenüber. Das hat mit dem Alter der Frauen zu tun und mit der Zunahme an künstlichen Befruchtungen, aus denen häufig Mehrlingsschwangerschaften resultieren. Roland Zimmermann von der Klinik für Geburtshilfe am Universitätsspital Zürich ergänzt: «Es kann sein, dass das Kind nicht wächst, weil die Plazenta nicht funktioniert oder sich von der Gebärmutter löst. Oder weil der Fötus einen Herzfehler oder eine Chromosomenstörung hat oder während der Schwangerschaft eine Infektion bekommt. Es würde helfen, wenn die heutigen Frauen fünf Jahre früher schwanger werden», meint der Experte.
Die Geburt dagegen ist statistisch gesehen kaum gefährlich. Sind die Babys dann aber auf der Welt, sterben 180 der jährlichen Neugeborenen in den ersten 24 Stunden – meist Kinder aus komplizierten Schwangerschaften. Dem viel bekannteren und gefürchteten plötzlichen Kindstod fallen gerade mal zwölf Babys pro Jahr zum Opfer.
Eine eigenartige, aber statistisch belegbare Auffälligkeit: Kinder geschiedener, alleinerziehender oder verwitweter Frauen überleben doppelt so oft ihr erstes Lebensjahr nicht.
Aufatmen in Kindheit und Jugendzeit
Sind die Schwangerschaft und das erste Jahr überstanden, folgt die risikoärmste Zeit im Leben eines Menschen. Bis zum 16. Altersjahr wird selten gestorben. Wenn doch, ist die Ursache häufig Krebs. 200 Kinder zwischen 0 und 14 Jahren erkranken daran jährlich. Die Heilungschancen sind jedoch sehr gut: Heutzutage überleben 83 Prozent der erkrankten Kinder die ersten fünf Jahre nach der Diagnose und gelten dann als geheilt.
Verzweifeln in der Mitte des Lebens
Nach diesen Jugendjahren wird das Leben zunehmend riskanter. Nicht die Gefahren des Strassenverkehrs sind das Hauptrisiko: Vier Mal häufiger begehen die Menschen Suizid – 1300 unter 40-Jährige sind es pro Jahr. Die Kantonspolizei Bern hat aus diesem Grund sogar eine Suizid-Sondereinheit gegründet.
Gründe sind vor allem Beziehungsprobleme, Kündigungen am Arbeitsplatz, schwierige Lebensgeschichten und psychische Erkrankungen. Indem die speziell ausgebildeten Polizisten der Verhandlungsgruppe Bern die Selbstmordgefährdeten ansprechen, ihnen zuhören und sich um sie kümmern, können sie die meisten von ihrem Vorhaben abbringen.
Abbau in den besten Jahren
Geht der Mensch dann auf die 50 zu, geht es langsam mit den Krankheiten los. Das grösste Sterberisiko in diesem Alter ist Krebs. Männer erkranken am häufigsten in der Lunge – Frauen in der Brust. So erreicht eine 50-jährige Frau beispielsweise wieder das gleiche Sterberisiko, das sie als Säugling direkt nach der Geburt hatte. Zur Illustration: Käme die Krankheit Krebs nur in Solothurn vor, die Stadt wäre nach einem Jahr menschenleer.
Das Alter – irgendwann holt es alle ein
Mit steigendem Alter wird das Herz zum Killer Nummer 1. Die Venen und Arterien speichern lebenslang unsere Sünden wie Rauchen, wenig Bewegung oder ungesundes Essen. Bei 22'000 Menschen setzt das Herz einfach aus. Ein Drittel der Betroffenen stirbt sofort. Für den Basler Kardiologen Andreas Hoffmann eine Folge der immer älter werdenden Menschen: «Wie die Haut immer älter wird, so altern auch die Arterien. Mit dem 20. Altersjahr fängt dieser Prozess an und nimmt stetig zu. Irgendwann ist unser Haltbarkeitsdatum überschritten, das führt unter anderem zu Gefässverschlüssen und schlussendlich zu einem Infarkt.»
Ebenfalls eine statistische Tatsache ist, dass Menschen saisonal aus dem Leben scheiden. Viele sterben im kalten Januar; in den Sommermonaten will kaum jemand gehen. Auf eines kann man sich aber unabhängig von allen Statistiken und Interpretationen verlassen: Die Wahrscheinlichkeit, dass es uns alle irgendwann trifft, liegt bei 100 Prozent.