Wenn die Kinder morgens um halb acht auf dem Schulhof herumhüpfen, ist das in der Münchwilen nicht etwa die erste Pause, sondern Englischunterricht bei Primarlehrerin Eliane Hirschi.
Sie ist vom Nutzen des «bewegten Lernens» fest überzeugt: «Die Kinder sind motiviert und lachen, sie haben Spass. Und wenn man motiviert lernt, Freude hat an dem was man macht, bleibt es einem besser und länger.»
Was die Kinder lernen sollen, wird durch Bewegung unterstützt. Beim Aufwärtszählen auf Englisch beispielsweise durch ein Hüpfen nach vorne, beim Runterzähen durch ein Hüpfen nach hinten.
Und auch im Klassenzimmer heisst Lernen nicht unbedingt still am Tisch sitzen. Jedes Kind wählt selbst, wie es liest oder lernt. Einzige Vorgabe: Die Bewegung soll automatisiert sein. Nur so kann das Hirn die Aufmerksamkeit aufs Buch lenken – auch wenn sich der Körper dabei bewegt.
Wie sich Bewegung in den Unterricht einbauen lässt, hat Eliane Hirschi von Patrick Fust gelernt. Selbst Lehrer, engagiert er sich schon seit über zehn Jahren für die «Bewegte Schule», entwickelt Bewegungseinheiten und bildet andere Lehrer aus.
«Ich meine ganz klar, dass die Kinder und Jugendlichen besser lernen, wenn sie sich bewegen. Auch weil sie sich dabei besser fühlen», hält Patrick Fust fest. Denn es werde ja immer auch ein Gefühl mitgelernt. «Wenn ich Freude empfinde, weil ich gleichzeitig auf einem Balanciergegenstand stehe, dann ist das ein anderes Gefühl, als wenn ich Angst habe vor einer schlechten Note.»
So einleuchtend das erscheint: Wissenschaftlich lässt sich der Effekt kaum belegen, denn aussagekräftige Vergleichsstudien sind schwierig.
«Wir wissen noch nicht so genau, wie und welche Bewegungen sich wirklich auf das Lernen auswirken», meint Claudia Roebers, Professorin für Entwicklungspsychologie, auf Anfrage des Gesundheitsmagazins «Puls». Es sei auch unklar, welche Lernfunktionen sich durch Bewegung ansprechen und fördern lassen. «Und schliesslich ist auch ungewiss, wie lange die Effekte anhalten.»
In der Praxis, so glauben die Lehrer, lasse sich durchaus ein Effekt auf die Kinder feststellen. «Wenn man immer wieder Bewegung, Spielerisches reinbringt, dann kommen die Schülerinnen und Schüler lieber in die Schule. Das ist schon mal Grund genug, um so etwas zu machen», meint Patrick Fust.
Der sinkenden Motivation entgegenwirken
Dass Motivation ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, unterstreicht auch die Psychologin. Denn eine Studie stellte fest, dass die Lernfreude von der 1. bis Ende 5. Klasse stetig sinkt.
«Meine Vermutung wäre schon, dass solche Initiativen ‹Bewegte Schule› den Bedürfnissen der Kinder näher kommt. Und dazu führen könnte, dass die Kurve der Lernfreude nicht so stark abfällt», räumt Claudia Roebers ein. «Die Lernfreude ist eben auch wichtig für Motivation und Aufmerksamkeit und damit auch für die schulische Leistung.»