Für Charles Darwin verwischten Ländergrenzen, wenn es um das Mienenspiel geht. 1871 veröffentlichte er seine Schrift «Der Ausdruck der Gemütsbewegungen bei dem Mensch und den Tieren». Darin erörterte er seine Ansicht, die sechs wichtigsten Gefühle würden überall auf der Welt auf dieselbe Art und Weise im Gesichtsausdruck widergespiegelt, weil alle Menschen gemeinsame Vorfahren hätten.
Universell gleich sei der Ausdruck für:
- Freude
- Erstaunen
- Angst
- Ekel
- Zorn
- Trauer
Darwins Theorie galt - trotz dem Widerstand einiger Wissenschaftler - lange Zeit als gesichert. Sicherheit gaben auch Studien, die bis in die 1970er-Jahre gemacht wurden. Dabei mussten Menschen rund um den Globus anhand von Fotos Mimik beurteilen und katalogisieren.
Studie geht neue Wege
Seit einiger Zeit stellen Wissenschaftler aus Fribourg und Glasgow die scheinbar gesicherten Erkenntnisse in Frage. Ihre jüngste Studie kommt zum Schluss: «Andere geographische Regionen mit unterschiedlichen Kulturen haben nicht die gleiche Art, den Ausdruck zu decodieren», erklärt Prof. Roberto Caldara von der Universität Fribourg gegenüber «Puls». Asiaten haben Mühe, in unseren Gesichtern Erstaunen, Angst, Ekel und Zorn richtig zu deuten. Einzig bei Freude und Trauer gelingt das besser. Caldara verweist darauf, dass umgekehrt in Asien auch Emotionen wichtig sind, die bei uns weniger bedeutsam und dementsprechend für uns schlechter erkennbar sind – Stolz, Schuld oder Scham beispielsweise. Ausserdem messen Asiaten der Intensität der Gefühle wenig Bedeutung bei.
Für die Studie haben die Wissenschaftler aus der Schweiz und aus Schottland ein völlig neues Setting erarbeitet. Wo früher Schauspieler Mimik für Fotos stellten und die Testpersonen diese dann zuordnen mussten, entwickelten die Forscher aus Glasgow eine spezielle Software für 3-D-Computergesichter. Diese bewegte die unterschiedlichen Muskeln so oft und in so vielen Kombinationen, dass insgesamt 4800 Versionen möglich waren, aus denen die Testpersonen einige deuten mussten.
Emoticons als Wegweiser
Hintergrund zur Forschung sind frühere Studien der beiden Universitäten. Damals fanden die Forscher heraus, dass das Blickfeld von Asiaten und Menschen westlicher Länder sich komplett unterscheidet. Während wir auf Mund und Augen achten, konzentrieren sich Asiaten auf das Zentrum des Gesichts - also die Nase. Von dort aus beobachten sie dann vor allem die Augen beim Sprechen. Darum - und so kamen die Forscher zu ihrem Ansatz - verwenden Asiaten in der SMS- oder Computerkommunikation andere Emoticons, als wir das tun.
Beispiele:
Westen |
Asien |
|
Glücklich |
: ) |
^.^ |
Traurig |
: ( |
;_; |
Zwinkern |
; ) |
^_~ |
Auffallend dabei: Während bei uns der Mund im Zentrum der Aussage steht, sind es im asiatischen Raum die Augen, die die Emotionen verdeutlichen.
Weitere Studien folgen
Mit dem Wissen, dass Mimik keine universelle Sprache ist, gehen die Forscher nun in weitere Studien. Unter anderem wollen sie klären, welche Hirnregionen beim Deuten von Mimik aktiv sind und wie Menschen in Afrika oder Südamerika Gesichtsausdrücke interpretieren.