Über 11‘000 Todesopfer hat Ebola in Liberia, Sierra Leone, Guinea, Nigeria, Mali und im Kongo bislang gefordert. Viele andere afrikanische Staaten blieben bislang verschont. Doch die Epidemie spielte sich sozusagen vor ihrer Haustür ab. Sind sie deshalb aber besonders gut vorbereitet auf einen möglichen Seuchenausbruch in ihrem Land?
Den ersten, den ich nach Ebola frage, ist Doktor Mzee Nassoro . Er ist leitender Arzt am Regionalspital der Stadt Dodoma in Tansania – die wichtigste Klinik in einer Region mit zwei Millionen Einwohnern. Doktor Nassoros Büro ist winzig, vollgestopft mit zwei abgewetzten Tischen und Regalen. Überall türmen sich Akten. An der Wand hängt ein Fernseher. Es läuft ein internationaler Nachrichtensender, Thema: Ebola. So hat sich auch Nassoro jeweils über den Stand der Epidemie informiert.
«Wir haben immer am Fernseher verfolgt, was in Westafrika passiert, es kam ja auch ständig. Und das machen wir auch weiterhin», sagt er, und merkt kritisch an: «Ich denke, wir hätten besser damit umgehen können. Wir hatten hier andere Epidemien, mit denen uns das besser gelang – zum Beispiel die Rift-Valley-Fever-Epidemie im Jahr 2008 hier in der Region Dodoma.»
Ebola zu erkennen ist nicht leicht
Rift Valley Fever ist eine Viruserkrankung, die vor allem Kühe, Schafen und Ziegen befällt. Menschen können sich unter Umständen bei den Tieren anstecken, oder Mücken übertragen sie auf den Menschen, aber es gibt keine Ansteckung von Mensch zu Mensch. Die Sterblichkeit liegt bei einem Prozent, bei Ebola etwa bei 50. Rift Valley Fever ist damit kein Vergleich zu Ebola. Aber die tansanischen Behörden hätten Massnahmen ergriffen, sagt Mzee Nassoro: «Das Gesundheitsministerium hat persönliche Schutzkleidung für die Ärzte verteilt. Wir sind also vorbereitet.»
Die verteilten Schutzpakete enthalten auch einen Grundstock an Infusionslösungen für die Behandlung der Kranken. Tansania arbeitet mit der WHO zusammen, damit das Ebola-Virus entdeckt und nachgewiesen werden könnte. Es gibt ein Spezialteam und in der Provinz wurden die Ärzte geschult, wie sie sich im Ernstfall verhalten müssten.
Trotzdem bleiben viele Fragen. Zum Beispiel: Würde das Gesundheitspersonal in einer abgelegenen Region eine in der Gegend eher unbekannte Krankheit wie Ebola schnell genug erkennen?
Nur grosse Spitäler sind bereit
Der Infektiologe Emili Letang zweifelt daran. Letang kennt die Verhältnisse in Afrika, gegenwärtig arbeitet er in einem Regionalspital im Südosten von Tansania, zuvor war er mehrere Jahre in Moçambique. «Eine Klinik wie diese hier könnte Ebola oder andere neue Infektionskrankheiten nicht erkennen. Wahrscheinlich würde man es zuerst als eine Häufung von atypischen Malariafällen interpretieren. Nach einiger Zeit, wenn es gar viele Fälle wären, würde man Proben an das Nachweislabor schicken. Aber ich glaube nicht, dass das Gesundheitssystem in der Peripherie des Landes bereit ist, Ebola zu erkennen.»
Genau so begann die Ebola-Epidemie in Westafrika: Erste Fälle wurden unter Malaria verbucht. Auf dieses Problem angesprochen, erinnert sich Mzee Nassoro vom Regionalspital in Dodoma wiederum an den Beginn der Rift Valley Fever Epidemie: «Manche Symptome sind ähnlich wie bei einer Hirnhautentzündung oder Malaria. Bevor wir damals merkten, um welche Krankheit es sich tatsächlich handelte, verloren wir einige Patienten.» Wertvolle Zeit bis zur Diagnose geht so verloren – und eine ansteckende Krankheit hätte Zeit, sich auszubreiten.