Fast jeder ist im Alter damit konfrontiert: mit dem Grauen Star oder auch Katarakt. Die Augenkrankheit, bei der sich meist altersbedingt die Augenlinse trübt, kann mit einem kurzen Eingriff – dem Ersatz mit einer Kunstlinse – korrigiert werden. Es ist die häufigste Augenoperation überhaupt und wird ungefähr 100’0000 Mal pro Jahr in der Schweiz durchgeführt.
Wer diese Operation vor sich hat, sollte sich über die Operationsart und die Kunstlinse, die die eigene trübe Linse ersetzt, gut informieren. Besonders Zusatzleistungen, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden, müssen gut überlegt sein.
Einerseits, ob diese wirklich nötig sind und andererseits, wie viel sie kosten. Denn viele Patienten bezahlen kräftig oben drauf für Speziallinsen, deren Aufpreis von Augenarzt zu Augenarzt verschieden ist, oder für Operations-Varianten, die eigentlich nicht nötig wären.
Operation mit Laser ist nicht besser als Skalpell
Die Katarakt-Operation ist auf zwei Arten möglich: mit dem Skalpell oder dem Laser. Während die Krankenkasse die konventionelle Methode mit dem Skalpell übernimmt, kostet die Laser-Methode in den meisten Augenzentren 2000 Franken pro Auge zusätzlich.
Befürworter der sogenannten Femtosekundenlaser-assistierten Operationsmethode betonen die Präzision und die computergesteuerte Reproduzierbarkeit, die nicht abhängig von der Tagesform eines Chirurgen sei. Besonders bei Speziallinsen, bei denen zum Teil ein sehr genaues Ausrichten der Linsenachse wichtig ist, sei der Laser besser. Zudem wird diese Methode auf Informationsblättern für Patienten als sicherer und schonender angepriesen.
Tatsächlich hatte man sich von der Laser-assistierten Methode vor ein paar Jahren viel versprochen. Die heutige Studienlage bestätigt aber keinen Vorteil des Lasers. Die konventionelle Methode schneidet gleich gut ab bezüglich Sicherheit und bei der Frage, wie schonend das Verfahren ist. Dies bestätigten zwei Studien, welche dieses Jahr veröffentlicht wurden. Der Patient kann sich also den Aufpreis von 2000 Franken pro Auge sparen.
Gleiche Linsenart – unterschiedliche Aufpreise
Zudem muss der Patient entscheiden, welche Kunstlinse die eigene Linse ersetzen soll. Die Auswahl ist zwar überschaubar, deren Nutzen aber als Laie schwierig einzuschätzen.
Der Patient muss sich beim Aussuchen seiner asphärischen Linse bewusst sein: In den meisten Augenzentren muss der Patient einen Aufpreis für Speziallinsen aus der eigenen Tasche berappen. Und diese Aufpreise können ganz unterschiedlich hoch sein.
«Puls» hatte Zuschauer gebeten, Katarakt-Rechnungen einzuschicken. Die meisten Patienten, die eine asphärische Linse gewählt hatten, haben einen Aufpreis von 350 Franken pro Linse bezahlt. Andere mussten weniger aufbringen: 180 bis 290 Franken. Wieder andere mussten tiefer in die Tasche greifen und bezahlten 460 bis 580 Franken.
Augenärzte begründen die unterschiedlichen Preise mit dem Einkaufspreis, der sich je nach Bestellmenge ändert, mit der Qualität der Linse oder dem Standort des Augenzentrums. Tatsächlich ist der Aufpreis von Speziallinsen nicht reguliert. Es herrscht ein freier Markt. Nur die Standardlinse ist preislich an die Tarmed-Bestimmung «GI-20» gebunden, nicht aber der Aufpreis für Speziallinsen.
Tarmed sei schuld
Es gibt aber noch einen anderen Grund für die unterschiedlichen Preise: Seit Jahren kürzt der Bund die Tarmed-Vergütung für die Katarakt-Operation. Seit 2018 sind die Kürzungen so deutlich, dass viele Augenärzte monieren, sie würden mit der Katarakt-Operation Verluste schreiben. Die Aufpreise seien die Folge der drastischen Kürzungen des Bundes.
Besondere Leistungen wie Linsen oder spezielle Anästhesien würden nun zu eine Art Querfinanzierung für die Augenzentren, wie der Luzerner Augenarzt Dietmar Thumm bestätigt: «Wir sind eben in der Zwischenzeit an einen Punkt gekommen, wo wir das müssen. Was ich eigentlich nicht gut finde. Ich hätte lieber einen ehrlichen Tarif, der vergütet, was man verdienen darf. Ich meine, wenn etwas für einen Franken gerechnet wird und ich verdiene damit 82 Rappen, dann muss ich irgendwie probieren, das reinzuholen, was mir fehlt, weil ich sonst rückwärts mache.»
Es gibt auch Augenzentren, die keine Aufpreise verlangen für asphärische Linsen: Die Universitätsspitäler Bern und Zürich zum Beispiel, das Spital Münsterlingen oder das Kantonsspital Winterthur. Begründung: Eine asphärische Linse kostet im Einkauf gleich viel wie eine sphärische Standardlinse.
Die Krankenkassen kontrollieren nicht, welche Linse eingesetzt wurde. Sie kontrollieren lediglich die Gesamtkosten der eingereichten Katarakt-Operation. Liegt diese innerhalb der Norm, geht auch eine asphärische Linse durch.
Ärzte wehren sich gegen Vorwurf
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) findet, die Kürzungen bei der Katarakt-Operation seien im richtigen Mass erfolgt und die Augenärzte könnten auch unter diesen Umständen immer noch wirtschaftlich arbeiten. Das BAG ist klar der Meinung, dass ein Arzt einen Patienten nicht als «Milchkuh» benutzen darf.
Die privaten Augenärzte und kleinen Zentren wehren sich gegen den Vorwurf der «Milchkuh»-Strategie: Die Spitäler würden genauso rückwärts machen mit der Katarakt-Operation und auch sie müssten querfinanzieren, um durchzukommen. Allerdings hätten sie im Spital ganz andere Möglichkeiten für eine Querfinanzierung und müssten dies nicht unbedingt über den Patienten tun.
Der Patient muss sich selber informieren
Dem Patienten bleibt nur eins übrig: Er muss sich genau überlegen, ob er wirklich Speziallinsen braucht. Wenn ja, sollte er sich sehr genau über den Preis informieren – bestenfalls bei verschiedenen Ärzten.
Ein Problem bleibt: Er kann die Begründung eines Arztes für einen hohen Linsenpreis, etwa die Qualität der Linse, nicht überprüfen. Es ist nicht üblich, dass Augenzentren die Preise für ihre Linsen auf der Website veröffentlichen. Bis jetzt gibt es von der Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft (SOG) auch keine Preisempfehlung für Speziallinsen, an der sich der Patient orientieren könnte. Auch zur Qualität der verschiedenen Linsen kann sich der Patient nirgends informieren. Also muss er seinem Augenarzt vertrauen – nicht ganz einfach bei diesem Hintergrund.