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Therapie für Multiple Sklerose Schweizer warten weiter auf die «zweite Chance»

Patienten mit aggressivem MS-Verlauf bleibt hierzulande die Option Stammzelltherapie weiterhin vorenthalten.

Vor einem Jahr hat «Puls Spezial» erstmals über eine im Ausland etablierte Methode berichtet, mit der sich eine aggressiv verlaufende Multiple Sklerose stoppen lässt. Dabei wird das Immunsystem erst via Chemotherapie komplett zerstört und dann mit vorgängig entnommenen Blutstammzellen wieder neu aufgebaut.

Nach dieser radikalen Kur greifen die Abwehrzellen die eigenen Nervenbahnen in den meisten Fällen nicht mehr an. Der weitere Krankheitsverlauf ist gestoppt. Diesen Effekt belegen eine Reihe von Studien, die über die letzten Jahre erschienen sind – und Erfahrungen von Schweizer Patientinnen und Patienten.

Die 38-jährige Aargauerin Andrea Müller spricht von einer «zweiten Chance», die sie durch diese Behandlung erhalten hat. Für die Stammzelltransplantation musste sie allerdings in eine Moskauer Klinik reisen und die Behandlung selber bezahlen. Denn in der Schweiz ist eine Behandlung auf Krankenkassenkosten bis heute faktisch ausgeschlossen.

Hohe Hürden für die Vergütung

Eigentlich hat man auch hierzulande das Potenzial des in der Krebstherapie routinemässig angewandten Verfahrens schon früh erkannt. In der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) des Bundes ist die Anwendung einer autologen Stammzelltransplantation für Autoimmunerkrankungen (wozu auch die MS zählt) seit 2002 grundsätzlich möglich.

Vergütet wird sie aber nur nach vorgängiger Kostengutsprache – und wenn sie im Rahmen einer kontrollierten Multizenterstudie durchgeführt wird. Genau da liegt der Haken: Eine solche Studie kam in der Schweiz nie zu Stande.

Roland Martin, Neurologe am Universitätsspital Zürich, hat sich um eine solche Studie bemüht, konnte aber die Mittel dafür nicht auftreiben. Eine kontrollierte Studie ist aufwändig, da sie mit zwei Gruppen durchgeführt werden muss. Zum einen würde dabei eine Gruppe von MS-Kranken mit der Stammzelltherapie behandelt, eine Vergleichsgruppe mit einem modernen Medikament.

Laut Martin liegen die Kosten für eine solche Studie bei rund 2,5 Mio. Franken. «In anderen Ländern werden zur Zeit solche Studien vorbereitet, in der Schweiz ist dies derzeit nicht möglich», sagt er gegenüber «Puls».

Wieviele Personen sind betroffen?

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Multiple Sklerose betrifft in der Schweiz 15’000 Menschen. Es gibt zwar immer bessere Medikamente, die die Krankheit unter Kontrolle halten, aber trotz den – zum Teil sehr teuren – Mittel geht es gewissen Patienten immer schlechter und schlechter.

Jeder und jede Vierte hat Mühe mit Laufen. Jung und schon mit dem Rollator unterwegs oder sogar im Rollstuhl: Das sind die äusseren Zeichen von MS. Schlimmstenfalls bleibt nur noch ein Leben im Pflegebett.

Gesuch seit fast einem Jahr hängig

Das Universitätsspital Zürich verlangt nun, dass die Hürden für eine kassenpflichtige Behandlung gesenkt werden. Roland Martin möchte die Stammzellbehandlung im Rahmen einer Registerstudie durchführen. Dazu würden die am USZ behandelten Patienten über mehrere Jahre systematisch verfolgt und ihr Gesundheitsverlauf ausgewertet.

Ein entsprechendes Gesuch aus Zürich ging bereits Ende März 2017 nach Bern. Dort liegt es nun bei der Eidgenössischen Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen (ELGK).

Die ELGK prüft das Gesuch aus Zürich und kann Gesundheitsminister Alain Berset eine Anpassung der KLV vorschlagen. Der aktuelle Stand der Dinge? Darüber gibt das Bundesamt für Gesundheit keine weiteren Auskünfte. Gemäss Informationen von «Puls» entscheidet die ELGK aber frühestens im Juni, wobei die neuen Bestimmungen immerhin bereits ab dem 1. Juli 2018 gelten würden.

In der Schweiz derzeit nur für Selbstzahler

Auf dieses bestmögliche Szenario bereitet man sich am USZ bereits vor: Die Behandlungsabläufe für MS-Patienten werden derzeit standardisiert. Laut Roland Martin haben sich nach dem «Puls Spezial» vom 20. Februar 2017 über 60 MS-Patienten beim USZ gemeldet. Rund 30 von ihnen würden für eine Stammzellbehandlung in Frage kommen.

Schon vor einem allfälligen Entscheid aus Bern werden in Zürich Patienten behandelt. Die Kosten von bis zu 160'000 Franken übernehmen sie allerdings selber.

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