An der Universität Basel sorgt ein neuer Lehrstuhl für Komplementärmedizin für Aufsehen. Finanziert wird er hauptsächlich von anthroposophischen Unternehmen und Stiftungen. Unter den Naturwissenschaftlern ist die neue Professur höchst umstritten.
21 von 55 Mitgliedern der Fakultätsversammlung haben sich bei der Professur demonstrativ der Stimme enthalten. Basel ist aber nicht die erste Schweizer Universität mit einem solchen Lehrstuhl. Die Universität Bern hat bereits seit fünf Jahren einen Lehrstuhl für anthroposophisch erweiterte Medizin.
Für Hans-Uwe Simon, Dekan der Medizinischen Fakultät Bern, ist die Bedeutung eines solchen Lehrstuhls offensichtlich.
SRF: Ist der Lehrstuhl für Komplementärmedizin unter den Medizinern in Bern auch so umstritten?
Hans-Uwe Simon: Die Universität hat sich auch nach den Bedürfnissen der Gesellschaft zu richten. Die Komplementärmedizin ist ein grosses Bedürfnis. Sie ist ein Teil der Medizin wie die anderen Gebiete auch. Deshalb halte ich es persönlich auch für richtig, dass wir unsere Ärzte in Komplementärmedizin ausbilden und an der Universität Forschung auf dem Gebiet durchführen.
Gibt es keine kritische Diskussion?
Es ist möglich, dass es bei uns auch Diskussionen gab, als der Lehrstuhl etabliert wurde. Aber es gab im letzten Jahr noch einmal eine Strukturkommission für dieses Institut und dort wurde die Bedeutung dieses Lehrstuhls nicht hinterfragt, die war für uns klar. Wir haben auch die jetzige Lehrstuhlinhaberin eindeutig als Direktorin gewählt.
Was auch wichtig ist: Sie hat eine wissenschaftliche Methodologie aufgebaut, um die Wirksamkeit der Therapien nachzuweisen. Die Ergebnisse werden in wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert und sind der Öffentlichkeit zugänglich.
Die Bedeutung dieses Lehrstuhls ist für uns klar.
Das heisst die ersten Erfahrungen mit diesem Lehrstuhl sind aus Ihrer Sicht positiv?
Ja, die sind sehr positiv. Das hat natürlich auch mit dem guten Leistungsausweis dieses Instituts zu tun, sowohl in der Lehre als auch in der Forschung. Das hat uns in unserem Kurs bestätigt.
Viele Mediziner sagen: Homöopathie ist Hokuspokus, das hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Was sagen Sie dazu?
Therapeutische Zugänge sollte man nicht grundsätzlich ausschliessen, sondern man sollte sich immer auf wissenschaftliche Untersuchungen stützen.
Wer heilt, hat recht.
Bei der Homöopathie sind die Schulmediziner ja schon der Meinung, dass die therapeutische Wirksamkeit nicht über den Placeboeffekt hinausgeht. Aber Placeboeffekte können einem Patienten auch helfen und wer heilt, hat recht – das wäre mein praktischer Zugang zu dieser Frage.
Legitimiert man mit dem Lehrstuhl an der Uni Bern nicht ein Stück weit die Homöopathie, indem man sie wissenschaftlich untersucht?
Bei uns gibt es keinen Lehrstuhl für Homöopathie, das muss ich vielleicht nochmal korrigieren. Aber die Homöopathie wird auch gelehrt in unserem Curriculum. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz: dass unsere Medizinstudenten über die Möglichkeiten der Homöopathie und ihre Grenzen informiert sind.
Das Gespräch führte Christian von Burg.