Hauptsache bunt: Jugendliche machen aus der Not längst eine Tugend und versuchen nicht mehr, ihre Zahnspangen zu vertuschen. Sie sind zur Normalität geworden, denn ein Grossteil der Kinder und Jugendlichen ist in kieferorthopädischer Behandlung.
Das als reine Geschäftemacherei abzuwerten, greift zu kurz: Die Ansprüche ans Gebiss haben sich verändert. Auch, weil Jugendliche heute damit rechnen dürfen, selbst im Alter noch ohne «die Dritten» auszukommen. Einen Grundstein dafür legt die gute Zahnprophylaxe der heutigen Zeit und auch das gestiegene Zahnbewusstsein. Zähne können aber nur dann ideal gepflegt werden, wenn sie ideal stehen. Dank Spange ist das in den meisten Fällen möglich.
Das Gebiss verändert sich mit den Jahren
Das Problem: So ideal in Reih und Glied bleiben die Zähne nicht automatisch. Das Gebiss verändert sich im Laufe des Erwachsenenlebens genauso wie der Rest des Körpers. Jahrzehnte nach der ersten Zahnspange offenbart bei vier von fünf Personen ein Blick in den Spiegel dann nicht mehr das makellose Gebiss von einst. Nur einer von fünf hat das Glück, dass seine Kieferentwicklung dauerhaft stagniert.
Deswegen setzt man heute nach Ende der kieferorthopädischen Behandlung einen sogenannten Retainer. Der Draht wird von hinten an die Vorderzähne des oberen und unteren Zahnbogens angeklebt und hält die Zähne über die Jahre hinweg an Ort und Stelle. Genau das wurde bei vielen älteren Patienten verpasst, denn der Retainer hat sich erst in den letzten beiden Jahrzehnten flächendeckend durchgesetzt.
Für Erwachsene ohne diese Art der Fixierung ist das ein doppeltes Problem: Viele müssen zunächst einmal wieder eine Spange tragen, bis ihre Zähne so gut stehen, dass das Setzen eines Retainers Sinn macht. Weil er dauerhaft im Mund bleibt, kann er nur an gut stehenden Zähnen angebracht werden, sonst ist eine Zahnreinigung erschwert.
Je auffälliger, desto besser
Doch bis es so weit ist, stehen in der Regel zwei bis drei Jahre mit Zahnspange an. Generell gilt: Je auffälliger die festen Zahnspangen, desto besser funktionieren sie. Bei den klassischen Modellen rutscht der Draht besser, sie sind stabiler und leichter zu reinigen. Modelle, die innen am Zahnbogen angebracht sind oder die durchsichtige Schiene sind viel aufwändiger, eignen sich nicht für jedes Gebiss und liegen preislich deutlich über der Metall- oder Keramik-Variante, die sich in der Regel auf im Schnitt rund 10'000 Franken beläuft. Besonders die Schiene ist auch zeitaufwändiger: Sie muss alle zwei Wochen durch eine neue ersetzt werden.
Erwachsene zahlen dabei nicht mehr als Kinder. Eine Altersgrenze nach oben existiert nicht. «Wir haben zum Beispiel eine Patientin, eine 74-jährige Grossmutter, deren Enkelkind zu ihr gesagt hat: ‹Grossmami, du hast hässliche Zähne.› Das war ihre Motivation, zu kommen», berichtet Peter Göllner, Kieferorthopäde aus Bern, aus seiner Praxis.