«Katastrophen haben unsere Vorfahren 1876 gezwungen, den Wald rigoros zu schützen. Die Schweiz hat den Wald reden gehört, seine Warnungen ernst genommen und mit dem modernen Umweltschutz begonnen.»
Das äusserte der ehemalige Bundespräsident Moritz Leuenberger im Jahr 2001 anlässlich des 125-jährigen Bestehens des Schweizer Waldgesetzes. Bis heute ist dieses Gesetz in Sachen Nachhaltigkeit eines der strengsten in Europa und dient international als Vorbild.
Wichtige Funktionen für uns Menschen
Dank diesem strengen Waldgesetz können die Schweizer Wälder heute alle ihre wichtigen Funktionen für uns Menschen wahrnehmen. Sie kühlen die Landschaft und speichern Co2, sie schützen uns vor Steinschlag und Lawinen.
Ausserdem liefern sie den Rohstoff Holz, bieten Platz zur Erholung und sind Lebensraum von unzähligen Pflanzen- und Tierarten. Und: Sie filtern die Luft und das Trinkwasser.
Das Gleichgewicht ist bedroht
Der Klimawandel droht nun aber, dieses Gleichgewicht im Schweizer Wald durcheinanderzubringen. «Die Klimaerwärmung geht in einem so raschen Tempo voran, dass der Wald von Natur aus nicht nachkommt. Wenn wir also nichts machen, dann werden wir gewisse Waldflächen haben, auf denen nur noch dürre Bäume rumstehen», sagt Felix Lüscher. Er ist Leiter des Forstbetriebes der Oberallmeindkorporation Schwyz. Sie besitzt mit rund 9000 Hektaren die grösste nichtstaatliche Waldfläche der Schweiz.
So hat etwa die Hitze und die Trockenheit der letzten Jahre dafür gesorgt, dass die empfindlichen Fichten und andere Bäume von einer Borkenkäferplage befallen wurden. Die Folge: Notfall-Abholzung der befallenen Bäume, die dann wiederum viel weniger Ertrag auf dem Holzmarkt ergeben.
Das Bundesamt für Umwelt ist in der Schweiz zuständig für den Wald und hat dieses Problem seit langem erkannt. Vor knapp zehn Jahren wurde deshalb die «Waldpolitik 2020» ins Leben gerufen.
Ziel war es, bis heute die unterschiedlichen Funktionen und Bedürfnisse an den Wald zu verbessern. Vieles ist gelungen, einiges hat aber vor allem in Hinblick auf den Klimawandel noch Verbesserungspotenzial.
Ziele noch lange nicht erreicht
Die Ziele in Sachen Biodiversität im Wald seien noch lange nicht erreicht, sagt etwa Urs Tester von der Schweizer Naturschutzorganisation Pro Natura.
Bund und Kantone hatten sich zum Ziel gesetzt, dass man 10 Prozent der Waldfläche als Naturwaldreservate ausscheidet. Effektiv erreicht sind bis heute etwas mehr als 6 Prozent.
«Ein Wald mit einer hohen Biodiversität hat unterschiedliche Bäume, die in diesem Wald wachsen. Wenn das Klima sich ändert, dann gibt es unter dieser Vielfalt eher Bäume, die dieser Veränderung gewachsen sind», sagt Urs Tester.
Gastbaumarten sollen helfen
Eine Strategie des Bundesamts für Umwelt im Kampf gegen den Klimawandel ist die Pflanzung von sogenannten Gastbaumarten, die besser mit den veränderten klimatischen Bedingungen in Zukunft umgehen können. Zum Beispiel die Douglasie, eine Baumart aus Nordamerika.
Das Problem ist aber, das man diese nur vereinzelt einsetzen kann, da sie sonst das Biodiversitäts-Gleichgewicht durcheinanderbringen.
«Wir bevorzugen natürlich die Arbeit mit heimischen Arten. Gastbaumarten können aber trotzdem eine wichtige Rolle spielen. Wir müssen einfach haargenau schauen, dass wir Arten berücksichtigen, die sich nicht invasiv im Wald verhalten», erklärt Michael Reinhard, Leiter der Abteilung Wald beim Bundesamt für Umwelt.
«Der Wald braucht uns Menschen nicht»
Obwohl es dem Schweizer Wald verglichen mit unseren Nachbarländern gut geht – auch dank unseres strengen Waldgesetzes – gibt es noch zu tun. Und zwar bei allen Waldtypen: dem Wirtschaftswald, dem Schutzwald, dem Naturwaldreservat und dem Erholungswald.
Felix Lüscher von der Oberallmeindkorporation Schwyz nennt diese Aufgabe aufgrund des Klimawandels eine Quadratur des Zirkels. Diese müsse man aber lösen, denn: «Der Wald braucht uns Menschen nicht. Wir Menschen brauchen den Wald aber sehr wohl.»