Vor 25 Jahren nahm uns Regisseur Steven Spielberg zum ersten Mal mit auf die Reise in seinen «Jurassic Park»: Was wäre, wenn wir urzeitliche Dinosaurier klonen und wieder auferstehen lassen könnten?
Der Versuch endete bekanntlich im Desaster. Davon abgesehen wäre er auch gar nicht möglich. Dinosaurier können nicht geklont werden, ihre DNA ist viel zu alt.
Statt Dinos könnten Mammuts kommen
Um ausgestorbene Tiere zu klonen, braucht man ihre DNA, genauer ihr Genom, das die komplette Erbinformation eines Lebewesens speichert. Doch DNA ist fragil. Je älter, desto stärker ist sie beschädigt. Sie zerfällt in Bruchstücke; irgendwann löst sie sich ganz auf.
Laut Michael Hofreiter, Evolutionsbiologe an der Universität Potsdam, sind die ältesten DNA-Fragmente, die man überhaupt finden kann, etwa 700'000 Jahre alt. Die Dinosaurier sind vor 65 Millionen Jahren ausgestorben – sie sind damit ein hoffnungsloser Fall. Bei den Mammuts sieht das anders aus.
Junges Blut macht Hoffnung
Ihre letzten Vertreter starben erst vor rund 4000 Jahren aus und es gibt gute Aussichten, dass in den nächsten Jahrzehnten wieder ein Wollhaarmammut durch die sibirische Steppe stampfen wird.
Der Vorteil, den sie gegenüber den Dinosauriern haben, ist nicht nur das relativ junge Alter der fossilen DNA. Sie ist noch dazu besonders gut erhalten, weil einige Mammut-Exemplare im Permafrost einfroren, wo sie die letzten zehntausend Jahre gut konserviert wurden.
Erst 2013 hatten Forscher ein so gut erhaltenes Tier gefunden, dass bei den Ausgrabungen noch flüssiges Blut aus dem Körper sickerte. Ihre grosse Hoffnung, in diesem Tier noch intakte Zellkerne zu finden, hat sich bis heute aber nicht erfüllt.
«Fänden sie einen intakten Zellkern, hätten sie ein intaktes Genom. Daraus könnte man ‹einfach› ein neues Mammut klonen», sagt Michael Hofreiter.
So aber versuchen verschiedene Forschergruppen, aus den vorhandenen DNA-Fragmenten den genetischen Bauplan des Mammuts neu zu rekonstruieren. Zu rund 80 Prozent ist das immerhin gelungen. Klonen kann man ein Mammut damit allerdings noch nicht.
Statt Mammut ein Mammufant?
Trotzdem verkündete der renommierte Mikrobiologe und Harvard-Professor George Church letztes Jahr, dass er in einigen Jahren einen Mammut-Embryo haben wird – oder eher den Embryo eines Mischwesens zwischen Wollhaarmammut und asiatischem Elefanten.
Das Erbgut der beiden Tierarten unterscheidet sich nur zu etwa 0,6 Prozent. Zum Vergleich: Zwischen Mensch und Schimpanse sind es 1,6 Prozent.
In vielen Bereichen ein Mammut
George Church bediente sich des Elefanten-Genoms und ergänzte es mit Mammut-Genen. Er setzte dafür auf das Verfahren «Genschere Crispr», mit der seit einigen Jahren Gene gezielt ausgeschnitten, verändert und in fremdes Erbgut eingesetzt werden können.
Über 40 Bereiche eines Mammuts konnten er und sein Team so in das Erbgut des Elefanten einfügen. Zum Beispiel jene für die kleineren Ohren des Mammuts, den langen Schwanz, die spezielle Krümmung der Stosszähne und natürlich die Anlage für wärmespeicherndes Fett unter der Haut sowie langes, zottiges Wollmammutfell.
«Bis hierher ist alles reine Wissenschaft», kommentiert Evolutionsbiologe Hofreiter die Entwicklung. «Was jetzt folgt, ist Fiktion». Denn aus diesem Erbgut soll ja nun ein Mammutbaby werden.
Eine künstliche Gebärmutter
Der gängige Plan geht so: Das Mammutgenom in die Eizelle einer asiatischen Elefantenkuh einbringen, die das Mammut dann austrägt. Das ist nicht ganz einfach, denn Elefantenkühe sind schwer zu züchten, zudem gehört der asiatische Elefant selbst zu den gefährdeten Arten.
Genetiker George Church plant stattdessen, seinen Mammufanten-Embryo in einer künstlichen Gebärmutter heranwachsen zu lassen, an der er ebenfalls derzeit in seinem Labor forscht.
Die Mammutsteppe hätte wieder Mammuts
Sicher ist: Sollten wir wirklich irgendwann wieder ein Mammut auf der Erde begrüssen dürfen, werden bis dahin noch Jahre ins Land gezogen sein. Wäre es aber so weit, hätten das erste Mammut und seine Nachfolger bereits ein Zuhause. Statt durch den Jurassic Park könnten sie durch den Pleistozän-Park streifen.
Diesen Park gibt es. Er liegt in Ostsibirien, gerade nördlich des Polarkreises. Auf 16 Quadratkilometern Fläche siedeln dort der russische Umweltwissenschaftler Sergey Zimov und sein Sohn Nikita Tiere an, die vor Zehntausenden Jahren die sibirische Steppe durchstreiften.
Es gibt bereits Wildpferde, Moschusochsen, Wisente – auch die Wollhaarmammuts gehörten ursprünglich in dieses Habitat und wären den beiden Parkgründern deshalb willkommen.
Keine Touristenattraktion
Als Heimat für genetisch modifizierte Mammuts war ihr Park eigentlich nicht geplant. Ihr Interesse ist ein wissenschaftliches: Vater und Sohn wollen mit den Tieren die Wiesensteppe wieder herstellen, wie sie zum Ende des Eiszeitalters – des Pleistozäns – in dieser Gegend der Arktis üblich waren. Die Eigenschaften dieses ursprünglichen Ökosystems können heute helfen, das Auftauen der Permafrostböden durch den Klimawandel zu verzögern oder sogar aufhalten.
Tourismus spiele dabei keine Rolle, sagt Park-Direktor Nikita Zimov: «Wenn wir hier allerdings die einzige Mammutherde hätten, würden wir ihn wahrscheinlich nicht verhindern können.»
Bis es soweit kommt, müssen die Wissenschaftler freilich erst einmal aus der Fiktion Realität werden lassen.
Sendebezug: 10vor10, 6.6.2018, 21.50 Uhr.