Madeleine van Oppen hat sich als eine der ersten auf das noch junge Forschungsgebiet der «Unterstützten Evolution» spezialisiert. Die Meeresbiologin versucht dabei, natürlich vorkommende evolutionäre Prozesse zu beschleunigen.
Am australischen Meeresforschungsinstitut AIMS nahe der Stadt Townsville an der Ostküste des Landes leitet sie ein Forschungsprojekt, das Korallen widerstandsfähiger gegen Umwelteinflüsse machen soll. «Wir züchten Korallenhybride, die wärmetoleranter sein sollen, denn steigende Wassertemperaturen sind die grösste Gefahr für die Riffe.»
Kernstück des Forschungsinstituts ist ein mit modernster Technologie gesteuerter Meeressimulator. In Aquarien befinden sich Korallen, die am Great Barrier Reef gesammelt worden sind.
Das Wasser in den Aquarien unterscheidet sich dabei beträchtlich: In einem Behälter entspricht es den aktuellen Bedingungen, die gerade draussen im Meer herrschen. In anderen Aquarien werden die Bedingungen simuliert, die der Weltklimarat für Mitte oder Ende des Jahrhunderts vorhergesagt hat.
Hybride wachsen schneller
Über die Ergebnisse war Madeleine van Oppen selbst überrascht: «Auch in dem wärmeren und saurerem Wasser sind etliche Hybriden genauso schnell oder sogar schneller gewachsen als die Korallen der Elterngeneration.»
Unterstützt wird die Meeresbiologin von Kollegen aus den USA. Einem Team des Smithsonian Instituts für Naturschutzbiologie ist es gelungen, Spermien und Larven von Korallen in flüssigem Stickstoff einzufrieren. «Die Zellen können in lebensfähigem Zustand wieder aufgetaut werden», sagt Teamleiter Jonathan Daily.
Geschädigte Riffe wieder bevölkern
Ziel ist es, eine Sammlung gefrorener Keimzellen von unterschiedlichen Korallen für künftige künstliche Befruchtungen aufzubauen. So liessen sich geschädigte Riffe wieder bevölkern.
Denn noch rätseln die Wissenschaftler, was die einen Korallen sterben lässt, während die anderen sich wieder erholen.
Korallen mit Crispr optimieren
Phillip Cleves von der Stanford University in San Francisco will Korallen mit den neuesten Möglichkeiten der Gentechnik optimieren: der CRISPR/Cas9-Methode. Diese «Genschere» funktioniert im Erbgut einer Zelle wie die Suchen-und-Ersetzen-Funktion am Computer. «Wenn wir ein Gen herausschneiden, sehen wir, ob die Korallen mehr oder weniger hitzeempfindlich sind», erklärt Cleves.
Reinhold Leinfelder, Leiter des Arbeitsbereichs Geobiologie an der Freien Universität Berlin, beschäftigt sich seit Jahrzehnten auch mit Korallen. Er warnt davor, sich allzu grossen Hoffnungen hinzugeben: «Solange Umwelteinflüsse dauerhaft den Riffen zusetzen, ist das vergebliche Liebesmühe.»
Madeleine van Oppen in Australien sieht das ebenso: «Damit es auf dieser Erde weiterhin Korallen gibt, muss die Menschheit die Klimaerwärmung bewältigen.»