Polarlichter machen glücklich, sagt SRF-Meteorologe Christoph Siegrist. Doch diese Einschätzung des studierten Atmosphärenphysikers teilten unsere Vorfahren nicht immer: Lange bevor sich die Wissenschaft mit Polarlichtern beschäftigte, suchten nordische Urvölker Erklärungen für das Phänomen. Die Inuit deuteten es als Licht von Fackeln, mit denen Geister die Verstorbenen ins Reich der Toten geleiten. Für andere Völker waren die Lichtspiele schlicht Unheilsboten.
Ein Geschenk von der Sonne
Heute weiss man: Für Polarlichter sind von der Sonne ausgestossene Teilchen verantwortlich, die das Magnetfeld der Erde zu den Polen lenkt. Das Leuchten tritt deshalb vor allem in den Polarregionen auf. Auf der Nordhalbkugel nennt man es auch Nordlicht. Sein Gegenstück beim Südpol heisst Südlicht.
Doch wie entstehen Polarlichter eigentlich? Die Sonne schleudert immer wieder elektrisch geladene Teilchen von sich. Treffen sie auf die Erdatmosphäre, beginnen Moleküle wie Sauerstoff oder Stickstoff, die Hauptbestandteile unserer Atmosphäre, zu leuchten.
Grünes Polarlicht, besonders eindrücklich im Bild unten zu sehen, kommt am häufigsten vor. Es entsteht durch den Sauerstoff, der auf rund 100 Kilometern Höhe zum Leuchten gebracht wird.
Wenn der Himmel von Wolken bedeckt ist, sehen wir von der Erde aus keine Polarlichter. Doch das heisst nicht, dass das Lichtphänomen selbst mit dem Wetter etwas zu tun hätte.
Es findet weit oberhalb der Wetterschicht, weit über den Wolken statt:
Rotes Polarlicht (schwach zu erkennen in der Mitte des Bildes unten) kommt seltener vor. Es entsteht durch radikalisierten Sauerstoff, der auf rund 200 Kilometern Höhe leuchtet. In dieser Höhe gibt es nur noch wenige Sauerstoffteilchen.
Je dichter der Sonnenwind ist, desto grösser ist die Chance, dass auch ab und zu eines dieser wenigen Sauerstoffteilchen getroffen und zum Leuchten gebracht wird.
Wer Polarlichter sehen will, muss in den Norden reisen, nördlich des Polarkreises. Dort sollte man sich am besten einen Ort mit freier Sicht nach Norden suchen – weitab der hellen Lichter der Zivilisation.
Manchmal freilich lassen sich die Lichtspielchen auch in bewohnten Regionen durchaus geniessen, wie das Foto unten zeigt:
Ein Helligkeitsvergleich: Das Licht des Vollmondes ist rund 100'000 Mal stärker als das Polarlicht.
Polarlichter sehen auf Fotos farbiger aus als in der Natur. Unser Auge sieht Farben in der Nacht schlecht. Und je älter wir sind, desto schlechter sehen wir allgemein Farben.
Der linke Teil des Bildes unten entspricht dem Bild aus der Kamera, der rechte Teil wurde so bearbeitet, dass es dem Eindruck entspricht, den ein älterer Mensch vom Polarlicht hat.
Island, hier das Dorf Patreksfjörður, ist eine gute Region für Polarlicht-Jäger. Es liegt in der nördlichen Polarlichtzone, die von Sibirien über Finnisch-Lappland, Nordnorwegen und Nordschweden, Island, Südgrönland bis Nordkanada und Alaska reicht.
Sendung: SRF 1, Einstein, 8.12.16, 21:00 Uhr