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Nach dem Waldbrand Grosse Hürden für verbrannte Wälder

Ein Jahr nach dem verheerenden Brand in Bitsch und Riederalp im Wallis präsentiert sich die Landschaft in einem trostlosen Zustand.

Verkohlte Böden und verbrannte Baumstümpfe dominieren das Bild, während sich nur vereinzelt kleine Pflanzen, etwas Moos und Pilze ihren Weg durch den verbrannten Boden bahnen. Bis hier wieder ein dichter Wald wächst, vergehen viele Jahrzehnte – im schlimmsten Fall sogar Jahrhunderte.

Es dauert ein Menschenleben, bis hier wieder Bäume stehen, welche schutzwirksam sind.
Autor: Peter Aschilier Revierförster, Forst Aletsch

Kein Wald erholt sich gleich

Wie schnell und in welchem Ausmass sich ein Wald nach einem Brand regeneriert, hängt von zahlreichen Faktoren ab, denn kein Wald gleicht dem anderen und jede Lage bringt ihre eigenen Herausforderungen mit sich. Manche Wälder erholen sich nur sehr langsam oder gar nicht, wie das Beispiel einer Waldfläche im Schweizer Nationalpark nach dem Brand von 1951 zeigt.

Dass sich eine Brandfläche so schlecht erholt wie hier im Nationalpark, ist jedoch nicht die Norm. Durchschnittlich brennen in der Schweiz seit dem Jahr 2000 jährlich im Schnitt rund 109 Wälder, viele davon erholen sich wieder, abhängig von der Schwere des Brands und äusseren Faktoren.

In den letzten 30 Jahren traten drei der vier grössten Waldbrände im Wallis auf: in Bitsch, Visp und Leuk.

Versuchsflächen zeigen Entwicklung der Waldverjüngung

Ein Jahr nach dem Brand sind in Bitsch bis auf einige Spitzmorcheln, welche typisch sind für Brandgebiete, kaum Fortschritte sichtbar. Dies wird sich in den kommenden Jahren ändern. Bereits im nächsten Jahr dürften hier auf ein bis zwei Aren (100 m2) rund 20 verschiedene Pflanzenarten blühen, in drei Jahren bis zu 80 Arten. Viele davon werden später von Jungbäumen verdrängt.

Spitzmorchel
Legende: Ein Jahr nach dem Brand in Bitsch wachsen Spitzmorcheln im Brandgebiet. SRF

Um diese Veränderungen zu beobachten und überwachen, haben Forschende diesen Sommer in Bitsch Versuchsflächen aufgebaut. Diese insgesamt 200 Quadratmeter grosse Fläche soll in den nächsten 20 Jahren wertvolle Einblicke in die Waldentwicklung liefern.

Die Versuchsfläche ist in Sektoren unterteilt. Im Kerngebiet des Hauptfeuers befinden sich 38 Versuchsflächen, während weitere 36 im angrenzenden Schadensbereich angelegt sind.

Karte
Legende: Beispiel Versuchsfläche in Leuk In Leuk wurde die 300 Hektar grosse Brandfläche in 157 Sektoren unterteilt. SRF / WSL

Grosse Unterschiede in Leuk und Visp

Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) übernimmt die Überwachung. Sie hat nach den Bränden in Leuk und Visp bereits vergleichbare Untersuchungsflächen eingerichtet.

Leuk hält dabei einen Pionierstatus inne, denn bis dahin war noch kaum erforscht worden, wie in den Alpen ein Gebiet von Pflanzen und Tieren wieder besiedelt wird.

Diese Methode ermöglicht es, den Fortschritt der Waldverjüngung zu messen und potenzielle Gefahren zu erkennen. Nach einem Jahrzehnt zeigen die beiden Gebiete bereits deutliche Unterschiede in ihren Ergebnissen, besonders im Baumwachstum der beiden Brandgebiete.

Der verbrannte Wald ist nicht tot

Während sich das Baumwachstum in Visp und Leuk stark unterscheidet, gibt es aber auch viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Brandflächen. Neben den eingangs erwähnten Spitzmorcheln wachsen auch Weidenröschen, sogenannte Pionierarten, an beiden Orten bereits ein Jahr nach dem Brand.

Denn auch wenn es nach einem Waldbrand danach aussieht, als wäre der Wald tot, kann sich dieser dank ökologischer Erbschaften im Boden, wie Samen oder austreibenden Wurzeln, wieder erholen. Gerade die Weidenröschen können dank ihrer fliegenden Samen schnell eine grosse Fläche besiedeln und sind daher in Leuk wie auch in Visp in den ersten Jahren stark vertreten.

Auf Aufforstung wird verzichtet

Im Gegensatz zu früher wird in vielen Waldbrandgebieten heute auf die Aufforstung durch den Menschen verzichtet. Ein natürlicher Wald braucht die Regulation und die Pflege des Menschen nicht. Im Gegenteil: Alles regelt sich von selbst, der Wald akklimatisiert sich, passt sich also an die herrschende Witterung, letztlich das Klima an. Der Wald entscheidet selber, welche Pflanzen und Bäume er braucht. So sind die Erstbesiedler in den Waldbrandgebieten im Wallis vor allem Laubbäume, welcher Hitze und Trockenheit besser ertragen. Je nach Klimaentwicklung werden sie später durch andere Baumarten abgelöst.

Waldbrände, die in gesunden Wäldern auftreten, bedeuten kein Ende, sondern fördern vielmehr die Erneuerung und Resilienz des Waldes. Hinzu kommt, dass die Natur selbst auf Veränderungen im Klima reagiert und stärkere Pflanzen und Bäume wachsen, welche dem Klimawandel trotzen können.

Brände fördern Biodiversität

Brände sind zwar zerstörerische Katastrophen, sie fördern aber auch die Biodiversität. Sie bieten Lebensräume für bedrohte Tiere wie den beiden Vogelarten Wendehals und Gartenrotschwanz. Zudem spriessen in Waldbrandgebieten gerne auch mal Pflanzen, welche man da nicht erwarten würde. Eine dieser Pflanzen ist der Erdbeerspinat, welcher in der Schweiz kaum mehr anzutreffen ist.

Viele Pionierpflanzen wie der Erdbeerspinat verschwinden also nach einigen Jahren und werden von stärkeren Pflanzen und Jungbäumen verdrängt.

In den Untersuchungsflächen von Leuk und Visp geht die Zitterpappel als Siegerbaum hervor.

Die Zitterpappel zählt zu den Pionierbäumen, die eine gestörte Fläche für andere, folgende Baumarten erschliessbar macht. Die Art kann sich gut an veränderte Bedingungen anpassen und ist widerstandsfähig. Dies ist durch die im Zuge des Klimawandels zu erwartenden zunehmenden Störungen der Wälder enorm wichtig.

Auch wenn sich ein Wald wie in Visp gut erholt, ist die Regeneration aber nicht nur vom Wachstum starker Pionierpflanzen abhängig, wie das eingehende Beispiel des Schweizer Nationalparks zeigt. In ebendiesem Nationalpark gibt es auch Beispiele für Waldstücke, welche sich auch ohne Brandeinwirkung lange nicht erholen.

Ob und wie rasch sich ein Wald nach einem Brand erholt und verjüngt, hängt von vielen Faktoren ab – nicht nur vom Feuer selbst.

Gefahren und Herausforderungen

Die Auswirkungen eines Brandes können über Jahre hinweg spürbar sein. Jungwälder müssen dabei zahlreiche Herausforderungen meistern, bevor sie eines Tages wieder in ihrer vollen Pracht erstrahlen können.

Klimawandel als weitere Herausforderung

Die zunehmende globale Erwärmung wird in Zukunft das Waldbrandrisiko in der Schweiz deutlich erhöhen. Waldbrandprävention wird deshalb in allen Kantonen erhöht.

Zwar sind Wälder durch ihre natürliche Verjüngung in gewissem Masse anpassungsfähig, doch der Klimawandel und die gravierenden Schäden beim Ausbruch von Waldbränden stellen eine erhebliche Herausforderung dar. Eine Herausforderung, der sich der Wald in Bitsch bereits heute stellen muss.

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Legende: SRF

Dominique Marcel Iten, Jörg Niggli (Redaktion), Balz Rittmeyer (Interactive-Design), Marc Heer (Design)

SRF 1, 29.08.2024, 21:05 Uhr ; 

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