Für die Studie untersuchte das Team um Laurent Keller von der Uni Lausanne während sechs Wochen sechs Kolonien der Art Camponotus fellah. Wie das Wissenschaftsmagazin «Science» berichtet, klebten die Forscher Arbeiterinnen winzige Codes auf den Rücken – Miniaturausgaben der schwarz-weissen QR-Codes, die mit dem Smartphone gelesen werden können.
Eine Videokamera zeichnete jede halbe Sekunde die Bewegungen der Ameisen auf: insgesamt zwei Milliarden Positionspunkte und neun Millionen soziale Interaktionen zwischen Individuen. Damit hätte das Team, so erklärte Keller, als erstes weltweit «harte» Daten zum Sozial- und Kommunikationsverhalten einer Tierart sammeln können.
Aufgabenteilung nach «Dienstalter»
Wie sich zeigte, gab es drei räumlich getrennte Gruppen von Arbeiterinnen, die je nach Alter andere Aufgaben übernehmen: Brutpflegerinnen sind die jüngsten und bleiben im Nestinneren, Reinigungsameisen sind etwas älter und in der ganzen Kolonie aktiv, und nur die ältesten Ameisen, die Nahrung sammeln, verlassen das
Nest.
Diese Abfolge war bei allen Arbeiterinnen die gleiche. «Es sieht so aus, als blieben die Jungen nahe ihres Geburtsortes im Nest und werden mit dem Alter immer ‹mutiger› und trauen sich am Ende als Nahrungssammlerin aus dem Nest», erklärte Danielle Mersch, die Erstautorin der Studie, in einer Mitteilung.
Neuigkeiten wie bei Twitter verbreitet
Wenn Ameisen sich treffen, berühren sie sich leicht mit den Fühlern und tauschen so Informationen aus. Diese Kontakte finden innerhalb einer Arbeitsgruppe viel häufiger statt als mit anderen Ameisen, beobachteten die Wissenschaftler. Offenbar kommuniziert eine Ameise überwiegend mit ihren Nachbarinnen.
Dennoch verbreiten sich Neuigkeiten im Ameisenstaat in Windeseile. Aus der gefilmten Abfolge von Berührungen zwischen Einzeltieren schliessen die Forscher, dass eine Information in nur einer Stunde 90 Prozent aller Ameisen erreicht. «Das funktioniert ganz ähnlich wie bei sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter», sagte Keller.
Noch offene Fragen zu Rollenwechseln
Die Resultate erklären laut den Forschern ein Schlüsselelement der verblüffenden, dezentralen Organisation des Ameisenstaats: Dass die Tiere in räumliche getrennte Gruppen unterteilt sind, die vorwiegend untereinander kommunizieren, dient vermutlich als Mechanismus, um den Informationsfluss im Staat zu regulieren, schreiben sie.
Wann die Arbeiterinnen von einer Aufgabe zur nächsten wechseln, sei individuell sehr unterschiedlich, erklärte Laurent Keller. Es gebe keinen fixen Zeitpunkt, sondern bislang unbekannte Faktoren, die den Wechsel auslösen.