Zwei Pflanzen könnten den Goldbergbau revolutionieren und vielen Bergarbeitern das Leben retten. Sie wachsen im Chocó-Regenwald im Nordwesten Kolumbiens. Das Wissen um ihre Kräfte wird von der afroamerikanischen Bevölkerung überliefert – seit Jahrhunderten.
Im 16. Jahrhundert wurden sie als Sklaven in die abgelegene Region im äussersten Nordwesten Südamerikas verschleppt, um Gold in der feuchtheissen Urwaldregion zu gewinnen. Vom Goldabbau leben heute noch viele von ihnen. Noch immer geben sie die gewonnenen Mengen nicht in Unze oder Gramm an, sondern in «Tomin» und «Castellano», alten spanischen Gewichtseinheiten.
Schlamm zu Schlamm, Gold zu Gold
Quecksilber, das in allen anderen Regionen der Welt zum Goldabbau eingesetzt wird, kannten diese Gold-Bergarbeiter bis vor kurzem nicht. Sie verwenden zur Trennung des Goldes vom Schlamm die Blätter zweier Pflanzen. Sowohl die Blätter des Balsa-Baums als auch die der Westindischen Ulme funktionieren. Beide Pflanzen werden in der Volksmedizin auch gegen Typhus eingesetzt.
Für den Bergbau ergeben sie, mit Wasser vermischt, eine leicht dickflüssige, schaumige Seife, die mit dem goldhaltigen Schlamm vermischt wird. Anders als flüssiges Quecksilber, das mit dem Gold im Schlamm ein Amalgam bildet und es so herauslöst, bewirkt der Pflanzensaft, dass sich Schlammpartikel mit Schlammpartikeln verbinden und das Gold mit dem Gold. So sind sie leicht voneinander zu trennen. «Ich habe gesehen, wie meine Mama das gemacht hat», erzählt der 60-jährige Goldschürfer Luis Fermin Palomino, «und sie hat es sich von meiner Oma abgeschaut». Wie weit dieses Wissen zurückgeht, ist schwer zu sagen. Vielleicht stammt es noch von der indianischen Bevölkerung, die dort bereits vor der Ankunft der Spanier Gold gewonnen hat.
Platz 2 auf der Liste der Umweltgifte
Das Bio-Quecksilber aus dem Chocó-Regenwald wäre die perfekte Alternative für die zahllosen Kleinunternehmer im Goldabbau und für alle, die indirekt davon betroffen sind. Geschätzt 20 Millionen solcher Goldschürfer gibt es weltweit, sie sind für rund 30 Prozent der Gesamtförderung des Edelmetalls verantwortlich – und für den Grossteil der globalen Quecksilber-Emissionen.
Die Goldschürfer erhitzen das Gold-Quecksilber-Amalgam über einer Flamme und während das Gold zurückbleibt, verdunstet das Quecksilber in die Luft. Was der Schürfer nicht direkt einatmet, setzt sich in der näheren Umgebung ab, verseucht das Erdreich und wird in die Flussläufe gespült. Geschätzt 1500 Tonnen Quecksilber gelangen so jährlich in die Umwelt.
Nach dem Umweltgiftbericht des Green Cross Schweiz nimmt Quecksilber unter den Top 10 der Umweltgifte Platz 2 ein. 20 Millionen Menschen sind direkt betroffen (siehe Info-Box), aber das Gift gelangt über die Umwelt – vor allem über die Fische – auch in die Nahrungskette. Ein Problem für Gegenden, in denen die Ernährung stark auf Fisch basiert – aber nicht nur dort. Auch Menschen, die bei uns viel Fisch konsumieren, vor allem das Fleisch grosser Raubfische, sind einer erhöhten Quecksilberbelastung ausgesetzt.
«Grünes Gold» für alle
Ein erster Schritt dagegen ist die von der Schweiz vorangetriebene Quecksilber-Konvention . Sie soll die Freisetzung von Quecksilber verringern. Gerade den kleinen Goldschürfern weltweit wäre mit einer Quecksilber-Alternative geholfen. Im tropischen Gürtel, wo der grössere Teil der kleinen Goldschürfer lebt, kann Balsa prinzipiell überall angebaut werden. Es gedeiht von Meeresniveau bis auf eine Höhe von 2500 Metern. Doch Bestrebungen, den Stoff zu extrahieren und so transportabel zu machen, gibt es bisher noch nicht. Nach Auskunft des Max Planck Instituts sind die Wirkstoffe in den Blättern praktisch nicht erforscht.
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Möglicherweise wäre ja jetzt, nach Unterzeichnung der Quecksilber-Konvention, der richtige Augenblick, die Wirkstoffe zu analysieren. So würden sie nicht nur den Goldschürfern im Chocó-Regenwald ermöglichen, unbedenkliches «Grünes Gold» zu fördern.