Fluch oder Segen? Im Kivusee, mehr als 2600 Quadratmeter gross und bis zu 450 Meter tief, steckt ein weltweit einzigartiges, riesiges Methangasvorkommen, gespeichert in den Wasserschichten. 360 Kubikkilometer Methan und Kohlendioxid sind im See wie in einer überdimensionalen Sektflasche gelöst. Ingenieure wollen das Methan aus der Tiefe in Strom verwandeln – und die Zeit drängt, denn der Kivusee gilt als eine Zeitbombe: In gut 100 Jahren könnte das Gas von selbst durch die Seeoberfläche ausbrechen, wie es vor Jahrtausenden schon einmal passierte.
Welche Folgen das im schlimmsten Fall haben könnte, beschreibt der deutsche Geophysiker Klaus Tietze aus Celle bei Hannover. „Wenn das Gas unkontrolliert entweicht, dann würde eine gesamte Fläche von 10‘000 Quadratkilometern mit diesem Gas bedeckt sein», sagt er, «das heisst, es würden alle Bewohner sterben, die dort leben. Zwei bis drei Millionen Menschen.“ Eine Katastrophe, ähnlich wie im Jahr 1986 am Nyos-See in Kamerun, als rund 1‘700 Menschen durch entweichendes CO2 ums Leben kamen.
Gefahr durch aktiven Vulkan in der Nähe?
Zudem liegt der Kivusee neben dem aktiven Vulkan Nyiragongo. Dort, entlang des ostafrikanischen Grabenbruchs, reisst die Erdkruste in der Tiefe auseinander und ein gewaltiger Ausbruch von Magma könnte laut Fachleuten grosse Mengen des Gases schlagartig aus dem See freisetzen.
Ruanda und Kongo wollen deshalb gemeinsam die Herkulesaufgabe lösen, den Kivusee sicher und umweltfreundlich zu entgasen. Ein Novum im spannungsgeladenen Verhältnis beider Staaten, vielleicht eine Chance für Frieden in der Region. Doch wie lange halten die guten Vorsätze? Der blutige Kampf zwischen Rebellen und Regierungstruppen im nahen Ostkongo ist noch lange nicht ausgestanden. Und ein Methan-Förderturm könnte leicht zur Zielscheibe von Sabotage werden. Es steht viel auf dem Spiel am Kivusee.