Tiere werden getötet, indem man das Hirn ausschaltet und das Tier ausbluten lässt. So schreibt es der Gesetzgeber vor. Doch was tun, wenn ein Tier kein Blut und nicht nur ein, sondern mehrere Hirnareale hat? Diese sogenannten Ganglien sind beim Krebs erst noch über den ganzen Körper verteilt. Wie viele Wirbellose haben Krebse ein Strickleiter-Nervensystem und kein zentrales Nervensystem. Mit Kopf abschlagen ist der Krebs also nicht zu töten. Der Tötungs-Impuls muss auf den ganzen Körper wirken.
Verbreitete Tötungsarten
Zwei Methoden erfüllen diese Voraussetzung: Einfrieren und Erhitzen. Viele Gastronomen lehnen das Einfrieren ab, weil dabei die Struktur des Fleisches leide. Durchgesetzt hat sich das Töten in kochendem Wasser. Für den Krebsexperten und Aargauer Jagd- und Fischereiverwalter Thomas Stucki ist diese Methode für Flusskrebse vertretbar, wenn sie sorgfältig angewendet wird: «Das Wasser muss zwingend kochen und die Tiere müssen einzeln ins kochende Wasser gelegt werden. Zu viele Tiere oder ein zu kleiner Topf führen zu einem Temperaturrückgang des Wassers, was den Zeitpunkt des Todes hinauszögert.»
Entwarnung gibt er für das Schreien oder Pfeifen, das beim Kochen von grossen Krebsen oft beschrieben wird. Diese Geräusche entstehen durch heisse Luft, die aus dem Panzer entweicht. «Der Krebs hat kein Organ, das solche Lautäusserungen erzeugen könnte.»
Gastronomische Folklore
Trotzdem lehnt der Schweizer Tierschutz STS das Töten in heissem Wasser entschieden ab: Bis heute sei nicht bewiesen, dass Krebse bei dieser Tötungsart nicht leiden. Sarah Wehrli von der STS-Fachstelle Wildtiere: «Auch wenn über das Schmerzempfinden von Krebsen wenig bekannt ist: Das Lebend-Kochen ist eine Grausamkeit, die gestoppt werden muss. Es ist eine gastronomische Folklore.»
In der Tat werden lebende Krebse heute fast ausschliesslich in der Gastronomie verarbeitet. «Wenn Punkteköche schon nicht auf Hummer verzichten wollen, dann sollen sie die Tiere vorher wenigstens betäuben», sagt Sarah Wehrli. Sie verweist auf ein erprobtes britisches Küchengerät, das Krebse mit Strom betäubt.
Der Gesetzgeber tut sich schwer
Das Betäuben von Tieren vor der Schlachtung ist im Schweizer Tierschutzgesetz denn auch zwingend vorgeschrieben. Der entsprechende Artikel gilt aber nur für Wirbeltiere. In Bezug auf Krebse spricht der Gesetzgeber nicht mehr von Betäubungspflicht, sondern nur von «zulässigen Betäubungsverfahren». Namentlich erwähnt sind zwei: Elektrizität und mechanische Zerstörung des Gehirns. Doch wie wir wissen, hat der Krebs eben nicht nur ein Gehirn. Und von Lastwagen steht in der Verordnung nichts.