Biologen der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) säten in den vergangenen Jahren zweierlei Samen aus: den von einheimischen Waldföhren und den von hitzegewohnten Sorten aus Spanien und Griechenland. Der Ort war mit Blick auf einen künftigen Klimawandel gewählt: nahe Tamins in Graubünden, wo es deutlich trockener und wärmer ist als in vielen anderen Schweizer Regionen.
Die Sämlinge wuchsen zudem unter speziellen Schiebedächern heran. Sie liessen nur die Hälfte der ortsüblichen Niederschlagsmenge durch, um so ein viel trockeneres Klima als heute zu imitieren. Das Experiment lief an einem natürlichen Waldstandort und nicht im Gewächshaus, betont Thomas Wohlgemuth, Leiter der Arbeitsgruppe für Störungsökologie an der WSL in Birmensdorf bei Zürich. «Wir nennen das den ‹reality check›!», sagt er.
Nicht widerstandsfähiger
Bei dem Test in der realen Schweizer Waldwelt fielen die Exoten glatt durch. In trockenen Jahren schafften auch sie es nicht auszukeimen, und starben fast alle ab. «Die wenigen, die keimen, sind praktisch nicht überlebensfähig», sagt WSL-Biologin Barbara Moser, «die werden sicher nicht den zukünftigen Wald bilden.»
In feuchten Jahren mit guter Wasserversorgung boten die Waldföhren vom Mittelmeer sowieso keine Vorteile: Da entwickelten sich auch die einheimischen Kiefern-Sämlinge gut. Das Fazit der Forscherin: «Die standörtlichen Bedingungen sind viel wichtiger als die Vorteile der mediterranen Herkunft.»
Trockener Frühling als Belastung
Laut den WSL-Biologen kommen die südländischen Föhren gut über den trockenen Sommer, weil am Mittelmer im Winter und Frühjahr meist viel Niederschlag fällt und die Böden noch lange feucht bleiben.
In der Schweiz dagegen, insbesondere in den regenarmen Tälern im Wallis und in Graubünden mit vornehmlich Waldföhren und Flaumeichen, finden die Exoten andere Verhältnisse vor. Und mit denen kommen sie wohl nicht unbedingt klar: «Die Frühlingstrockenheit ist viel ausgeprägter als im mediterranen Gebiet, und deshalb haben die bei uns wenig Vorteile», lautet Mosers Begründung.
Unsere Resultate belegen, dass die einheimischen Baumarten eigentlich gar nicht so schlecht sind.
Für Thomas Wohlgemuth hält die Studie dennoch eine gute Nachricht bereit: «Unsere Resultate belegen, dass die einheimischen Baumarten eigentlich gar nicht so schlecht sind.» So stellte das WSL-Team fest, dass nicht nur die mediterranen, sondern auch die Schweizer Waldföhren ihre ganze Energie sogleich in die Ausbildung einer Pfahlwurzel stecken. Sie wächst senkrecht nach unten und kommt so auch an tiefere Wasserhorizonte.
Zudem brauchen die hiesigen Föhren laut den Fachleuten nicht ständig einen feuchten Frühling, sondern nur alle paar Jahre, in denen die im Boden schlummernden Samen dann in einem Schub auskeimten.
Waldbrände als Risikofaktor
Selbst bei mehreren trockenen Frühjahren in Folge, wie es sie in Zukunft vielleicht geben könnte, sieht Wohlgemuth den Regenerationserfolg der Schweizer Waldkiefer-Varietäten nicht in Gefahr.
«Was die Verjüngung betrifft, denken wir schon, dass es vielleicht nicht so schlimm kommt», sagt auch Barbara Moser. Kritisch werde es aber nach Waldbränden. Dann sei «der Verjüngungserfolg nur in den ersten drei Jahren möglich, weil die Fläche sonst von Gräsern und Sträuchern zugewachsen wird». Und mit häufigeren Waldbränden im Zuge der Erwärmung ist durchaus zu rechnen.
Douglasien als Hoffnungsträger
Die WSL-Arbeitsgruppe will jetzt auch ältere Jungföhren aus dem Süden in ihren Versuchsflächen pflanzen und schauen, ob sie unter Umständen besser als die Sämlinge mit Trockenstress im Schweizer Exil klarkommen - was die Forscher aber nicht annehmen.
Zudem testen sie neuerdings Douglasien. Das Nadelgehölz stammt aus Nordamerika und gilt manchen als Hoffnungsträger in Zeiten des Klimawandels. Deutsche Förster zum Beispiel ersetzen Fichten hier und da durch Douglasien. In der Schweiz wird so etwas ebenfalls diskutiert.
WSL-Expertin Moser ist aber skeptisch: «Wir haben bis jetzt herausgefunden, dass die Douglasie ihre Wurzeln sehr langsam in die Tiefe treibt und in den ersten drei Jahren sehr anfällig für Trockenheit ist.» Das klingt so, als ob auch dieser Exot nicht unbedingt die bessere Wahl für den Schweizer Wald wäre.