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Neuer Brutvogelatlas Europas – ein Mammut-Projekt
Aus Wissenschaftsmagazin vom 28.11.2020. Bild: zvg
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Neuer Brutvogelatlas Wer zwitschert denn da?

Tausende Vogelkenner sind ausgeschwärmt, um zu erfassen, wo in Europa welche Vogelarten brüten. Nach zehn Jahren Arbeit liegt nun ein neues Standardwerk vor.

Es ist wohl eines der grössten Projekte, bei dem Hobby-Ornithologen und Wissenschaftler je zusammengearbeitet haben. Zuerst wurde ganz Europa in Quadrate unterteilt – je 50 mal 50 Kilometer gross. Dann zogen Heerscharen von Vogelkennern los, um zu erfassen, welche Arten in diesen Quadraten brüten.

Die Zahl der Beobachter pro Quadrat war aber sehr unterschiedlich, sagt Verena Keller von der Vogelwarte Sempach. Sie war eine der Hauptverantwortlichen bei der Arbeit am Europäischen Brutvogelatlas. «In der Schweiz bearbeiteten etwa 40 Ornithologen ein Quadrat», sagt Keller, «in Russland hingegen musste eine Person gleich zwei Quadrate machen».

Europäischer Brutvogelatlas

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1997 wurde der erste europäische Verbreitungsatlas für die Brutvögel Europas publiziert. Die Daten sind nicht mehr aktuell und decken nicht ganz Europa ab. Deshalb lancierte der European Bird Census Council ein neues Atlasprojekt, den European Breeding Bird Atlas 2 (EBBA2).

Mit dem Helikopter in die Tundra

40 Prozent der Fläche Europas liegt allein in Russland. «Es gab russische Expeditionen, die mit dem Helikopter in die Tundra flogen, um dort die Vogelarten zu bestimmen», sagt Keller. Sie selbst hat dort und im Balkan mitgeholfen. Im Osten und in der Türkei wurde viel Pionierarbeit geleistet.

Noch nie gab es einen so guten Überblick über das Vorkommen der Vogelarten in Osteuropa. «Viele Arten haben ihren Schwerpunkt noch dort», sagt Keller, «jetzt müssen wir schauen, dass die Osteuropäer nicht die gleichen Fehler machen, wie wir im Westen».

Ein grosser, langbeiniger, fast weisser Vogel mit langem Schnabel.
Legende: Der Silberreiher ist wieder viel häufiger geworden, auch in der Schweiz – früher war er stark bejagt worden wegen seiner schmucken Federn. Murray Foubister

Nicht mehr bejagte Arten erholen sich

Denn bei 135 Vogelarten im Westen ist die Verbreitung teils stark zurückgegangen. Wegen der intensiveren Landwirtschaft, zunehmender Überbauung und weiterer menschlicher Einflüsse.

Aber es gibt auch im Westen erfreuliche Nachrichten: Eine ganze Reihe von Vogelarten hat auch zugenommen. So haben verschiedene Reiherarten, wie etwa der grosse, weisse Silberreiher, davon profitiert, dass sie nicht mehr bejagt werden. Früher galten ihre Federn als schicker Hutschmuck.

Auch andere Arten wie der Kormoran, der Bartgeier aber auch zahlreiche Entenarten profitieren davon, dass sie nicht, oder kaum mehr bejagt werden.

Ein Vogel im Schnee
Legende: Die Alpenbraunelle wird seltener, weil ihr Lebensraum, die hohen Berge, immer wärmer wird. Marcel Burkhardt

Platz in der Höhe wird knapp

Und noch eine Veränderung, haben die Vogelkundler festgestellt. Viele Vogelarten haben ihr Verbreitungsgebiet in den Norden ausgedehnt und in den Alpen brüten sie immer höher oben. «Hier zeigt sich, wie sich die Klimaerwärmung auf das Vorkommen der Vögel auswirkt», sagt Keller.

Das Problem dabei: Für Gebirgsvögel, wie zum Beispiel die Alpenbraunelle wird der Lebensraum dadurch immer kleiner. In weniger hohen Gebirgen, wie den Pyrenäen und den Karpaten sind solche Vogelarten am Verschwinden, wie der Brutvogelatlas zeigt. «In der Schweiz sind diese Arten noch immer gut verbreitet», sagt Keller, «das zeigt, dass die Schweiz eine grosse Verantwortung für den Erhalt diese Arten trägt».

Riesige Datenbank für die Forschung

Verena Keller hat die Arbeit am Brutvogelatlas nicht nur koordiniert, sie hat über Stiftungen auch viel Geld gesammelt für die Feldarbeit in Osteuropa. Entstanden ist dadurch nicht nur ein weiteres, schön illustriertes Vogelbuch, sondern auch eine reiche Datenbank, die wichtig ist für den Naturschutz und die Forschung.

Bereits hätten sich zahlreiche Forscher gemeldet, weil sie die Daten genauer auswerten wollten, sagt Keller. Die vielen Vogel-Exkursionen in den Wald, in die Felder und die Sümpfe, scheinen sich also auch für die Wissenschaft gelohnt zu haben.

Wissenschaftsmagazin, Radio SRF 2 Kultur, 28.11.2020, 12.40 Uhr

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