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Schatzsuche mit Schattenseiten Tiefseebergbau: Langzeitfolgen auf dem Meeresgrund

Auf dem Meeresgrund liegen metallhaltige Knollen. Diese sind wertvoll, doch der Abbau schadet der Umwelt. Das sind wichtige Erkenntnisse. Denn die UNO arbeitet aktuell an einem Gesetz für den Tiefseebergbau. Gleichzeitig versucht die USA, die UNO mit einer nationalen Regelung zu umgehen.

Auf dem Meeresgrund der Tiefsee liegen kartoffelgrosse Knollen. Diese enthalten neben Mangan auch Cobalt, Nickel und seltene Erden. Via Staubsauger-Technik könnten sie geborgen und in Solaranlagen und Elektrofahrzeugen verbaut werden. Grosse Schätze also. Doch eine neue Studie im Fachjournal Nature belegt: Der Preis für die Lebewesen der Tiefsee ist hoch.

Folgen noch vier Jahrzehnte später sichtbar 

Ein Testabbau von Knollen in der Tiefsee fand 1979 in 5000 Meter Tiefe statt. Ein Forschungsteam untersuchte 2023 die Folgen. Ihr Fazit: Die Auswirkungen des Abbaus sind noch 44 Jahre später im Gelände sichtbar. Und die Biodiversität ist tiefer als in vergleichbaren unberührten Gebieten.

Die Verwalterin der Bodenschätze der Meere 

Für solche Testabbauten braucht es die Bewilligung der Internationalen Meeresbehörde.  

Wie viele Lizenzen vergab die Meeresbehörde bisher? 

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Die Meeresbehörde hat gemäss ihrer Webseite 31 Erkundungslizenzen vergeben. Und zwar an 22 Unternehmen. Diese dürfen während 15 Jahren in der Tiefsee Abbautests durchführen. Von diesen 31 Lizenzen erlauben 19 den Abbau von Knollen.

Sieben Lizenzen sind für die Untersuchung von metallhaltigen Schwefelverbindungen und fünf Lizenzen für die Schürfung von kobaltreichen Krusten. Bis 2010 hat die Meeresbehörde solche Lizenzen überwiegend an nationale Behörden vergeben. Seit 2010 kamen private Unternehmen der Bergbauindustrie dazu. 

Diese Behörde hat die Aufgabe, die Tiefsee vor schädlichen Auswirkungen des Bergbaus zu schützen. Dafür ist sie verantwortlich, den sogenannten Mining Code zu erarbeiten.

Der «Mining Code» 

Seit 2014 arbeitet die Internationale Meeresbehörde an diesem Mining Code. Dieses Regelwerk soll ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen Interessen und Umweltschutz herstellen.

Viele Firmen stehen in den Startlöchern für einen kommerziellen Tiefseebergbau. Doch die Ausarbeitung braucht Zeit. Einigen Ländern geht es zu langsam voran, anderen zu schnell.  

Die Haltung der Schweiz

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Die Schweiz gehört zu jenen, die langsam vorgehen wollen. Sie unterstützt seit Juni 2023 gemeinsam mit 31 weiteren Ländern das Moratorium für den Tiefseebergbau.  Das Ziel des Moratoriums ist es, mit dem Tiefsee-Bergbau abzuwarten, bis mehr Studien über die Folgen eines Abbaus vorliegen. 

Ihre Einschätzung zum ersten Teil der 30. Session im März von Pierre-Alain Eltschinger, Mediensprecher des EDA: «Der Rat erzielte Fortschritte bei der Ausarbeitung von Regeln für den Abbau mineralischer Ressourcen auf und im Meeresboden ausserhalb nationaler Hoheitsbefugnisse. Er überarbeitete fast die Hälfte des Entwurfs der Abbauregularien, einschliesslich der Regeln zu Umweltfragen, und erzielte insbesondere Fortschritte betreffend Testprojekte. Darüber hinaus hat der Rat eine Grundsatzdiskussion über Normen und Richtlinien geführt».

Bis zur Verabschiedung werden von der Meeresbehörde nur Erkundungslizenzen vergeben. Also nicht für einen kommerziellen Bergbau, sondern nur für Testabbauten. Und bis dahin gilt das allgemeinere Internationale Seerechtsübereinkommen von 1994.

Mehr zum Seerechtsübereinkommen

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Das Internationale Seerechtsübereinkommen wurde in den Siebzigerjahren ausgehandelt und 1982 abgeschlossen. In Kraft trat es 1994 nach der Ratifizierung durch 60 Mitgliedstaaten der UNO.

Im Gesetz festgelegt ist auch die Gründung der Internationalen Meeresbehörde sowie eines Internationalen Seegerichtshofs. Dieser hat den Sitz in Hamburg.

Die Schweiz hat das Internationale Seerechtsübereinkommen 2009 ratifiziert. Abgekürzt wird es mit UNCLOS, was für «United Nations Convention on the Law of the Sea» steht. Darin steht unter anderem, dass die Tiefsee zum gemeinsamen Erbe der Menschheit gehört. 

Alle Staaten, die dieses Gesetz der UNO ratifizieren, werden automatisch Mitglieder der Internationalen Meeresbehörde. Sie treffen sich jährlich zur Ausarbeitung des «Mining Codes». Das nächste Mal findet dies im Juli statt. Wie immer in Kingston in Jamaika, dem Sitz der Internationalen Meeresbehörde.

Dieses Seerechtsübereinkommen haben neben der Schweiz weitere 168 Staaten und die EU ratifiziert. Die USA haben es zwar unterzeichnet, doch bisher nicht ratifiziert. Muss sich die USA deshalb nicht ans Seerechtsübereinkommen der UNO halten?

Das Völkergewohnheitsrecht 

Doch, auch die USA muss sich wohl daran halten. Denn Abkommen der UNO, die von einer grossen Mehrheit der Staaten ratifiziert wurden und schon länger gelten, gehören zum Völkergewohnheitsrecht. Das bedeutet, dass sie für alle Staaten verbindlich sind.  

Das betont auch Pierre-Alain Eltschinger, Mediensprecher des EDA: «Es ist anerkannt, dass ein grosser Teil der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens Völkergewohnheitsrecht darstellen und damit grundsätzlich auch Staaten binden, die das Übereinkommen nicht ratifiziert haben.» Somit erscheint es fraglich, ob ein Abbau in der Tiefsee ohne Bewilligung der UNO-Meeresbehörde für Nicht-Mitgliedstaaten zulässig ist, so Eltschinger. Und doch: Die USA hat vor ein paar Tagen genau das angekündigt.

Der angekündigte Alleingang der USA 

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Die USA arbeitet aktuell an einer nationalen Verordnung, um Bergbau in der Tiefsee zu ermöglichen. Damit würde die USA internationale Abkommen ignorieren. Doch bereits jetzt versuchen einige Firmen die Internationale Meeresbehörde via USA zu umgehen.

Mitte März hat die kanadische Firma namens «The Metal Company» einen Antrag für Tiefsee-Bergbau angekündigt. Doch nicht via UNO-Behörde, sondern über ihre Tochterfirma in den USA nach US-Vorschriften. Diese Vorschriften stammen aus dem Jahr 1980. Also vor dem Inkrafttreten des Internationalen Seerechtsübereinkommens von 1994. An dieser kanadischen Firma ist auch die Schweizer Firma Allseas beteiligt. Allseas besitzt gemäss Jahresbericht 2024 15.8 Prozent aller Aktien der Metal Company. 

Die Generalsekretärin der Internationalen Meeresbehörde Leticia Carvalho betont in ihrer Medienmitteilung Ende März, dass alle einseitigen Massnahmen ausserhalb der Meeresbehörde gegen das Völkerrecht verstossen und die multilaterale Governance untergraben. Also das gleichberechtigte Zusammenarbeiten verschiedener Staaten, mit dem Ziel, eine Regulierung wie den «Mining Code» zu erarbeiten.  

Einen ähnlichen Weg wie die Metal Company hat auch die amerikanische Firma namens «Impossible Metals» vor Kurzem angekündigt. Sie will basierend auf einem nationalen US-Gesetz von 1953 ein Gebiet für den Tiefseebergbau pachten.

Wie geht es jetzt weiter?

Gemäss Pierre-Alain Eltschinger des EDA sind zwar Fortschritte bei der Ausarbeitung des Mining-Codes erzielt worden. Doch müssen noch wichtige Punkte ausgearbeitet werden: «Hierzu zählen insbesondere die Ausarbeitung von Umweltschwellenwerten, die Frage der Gewinnverteilung sowie die Aufsicht und die Ausarbeitung von ergänzenden Richtlinien.»

Umweltschwellenwerte sind die Werte, ab denen Veränderungen kritisch sind für das Ökosystem. Dafür benötigt es weitere Studien zu den Umweltfolgen des Tiefseebergbaus.

SRF 4 News, 17.04.2025, 08:20 Uhr

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