Zum Inhalt springen
Audio
Waipoua Forest Neuseeland: Heiligtum der Maori in Gefahr
Aus Kultur-Aktualität vom 30.04.2019.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 5 Sekunden.

Waipoua Forest Das Paradies der Maori ist in Gefahr

Auf der Nordinsel Neuseelands steht eine der ältesten Baumarten der Welt. Doch die turmhohen Kauri sind in Gefahr.

Waipoua Forest. Auf der Nordinsel Neuseelands liegt einer der aussergewöhnlichsten Orte Down Under. Der Name bedeutete in der Māori-Sprache soviel wie «Regenwald». Das grüne Paradies ist die Heimat seltener Vögel, vor allem aber turmhoher Waldriesen, den Kauri-Bäumen.

16 Menschen für eine Umarmung

Ein magischer Ort. Tane Mahuta, der «Gott des Waldes», ragt kerzengerade 51 Meter hoch in den Himmel und ist zwei- bis dreitausend Jahre alt. Nicht weit entfernt Te Matua Ngahere. Mindestens 16 Menschen sind nötig, um den «Vater des Waldes» zu umarmen.

Wie alle Kauri-Bäume haben sie im Laufe der Jahrhunderte die unteren Zweige abgeworfen. Ihre Stämme sind absolut astfrei – ausgenommen die Baumkrone.

Ein riesiger toter Baum.
Legende: Grauen in Gerippeform: Ein winziges Bakterium macht den riesigen Kauri-Bäumen den Garaus. Michael Marek / Saskia Guntermann

Götter, zu Gerippe geworden

Doch die Bäume sind durch ein winziges Bakterium bedroht, über das bis heute nur wenig bekannt ist. Die Krankheit wird als «Kauri dieback disease» bezeichnet.

Sie macht aus den gewaltigen Bäumen kahle, verhungerte Gerippe, deren direkt unter der Oberfläche liegende Wurzeln verfaulen. Ein Heilmittel ist bis heute nicht gefunden worden.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Krankheit durch Wanderschuhe, Fahrräder, Pferdehufe oder Tiere übertragen wird. Deshalb hat die Forstbehörde zum Schutz der Kauribäume auch im Waipoua Forest Reinigungsstationen mit Bürsten und Desinfektionsmittel aufgestellt, die jeder benutzen muss, der in den Wald will.

Zwei Wanderer mit nackten Beinen spirtzen ihre Schuhe ab.
Legende: Neue Mode: Im Norden von Neuseeland putzt man die Schuhe vor dem Wandern im Wald. Michael Marek / Saskia Guntermann

Der Tourismus zerstört, was er entdeckt?

Mindestens ein Fünftel dieser Koniferen ist von dem Bakterium befallen. Innerhalb von fünf Jahren ist die Infektionsrate von 8 auf 19 Prozent gestiegen: Vor allem dort, wo Menschen auf Wanderwegen durch die Kauriwälder marschieren.

Kürzlich ist nahe der Grossstadt Auckland der erste Park für Besucher geschlossen worden, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Die Massnahme, die mit der Kommune und dem Māori-Stammesrat abgestimmt wurde, stösst allerdings auf heftige Kritik des örtlichen Tourismusverbandes. Die Touristiker fürchten, ihre Hauptattraktion zu verlieren.

Ein Mann und eine Frau machen ein Selfie vor einem grossen Baum.
Legende: «So instagrammable!» Die Kauri-Bäume sind ein Touristenmagnet. Wie lange noch? Michael Marek / Saskia Guntermann

Captain Cook und die Kauri

Dabei war Tane Mahuta schon gross und mächtig, bevor James Cook 1769 die Nordinsel entdeckte. Der britische englische Seefahrer und Entdecker liess damals Teile seines Schiffes mit dem haltbaren und ebenmässig gewachsenen Holz der Kauri-Bäume ausbessern.

Später folgten immer mehr Bootsbauer Cooks Beispiel. Schiffsladung um Schiffsladung von Kauriholz wurde exportiert. 93 Prozent der mythischen Vorfahren Neuseelands fielen der Holzindustrie zum Opfer. Erst 1972 wurde dem Kaurifällen ein Ende bereitet.

Verbindung zu früher

Für die Māori stellen die Kauri-Bäume eine Verbindung zur spirituellen Welt ihrer Vorfahren her. Wenn ein Baum fällt, stirbt ein Mensch, heisst es der Überlieferung nach.

Zwei Männer breühren einen mächtigen Baumstamm.
Legende: Wegweiser im Wald: Für die Māori sind die Kauri eine Verbindung zur Welt ihrer Ahnen. Michael Marek / Saskia Guntermann

Heute sind Tane Mahuta und Te Matua Ngahere ein nationales Denkmal im Waipoua Forest. Vielleicht haben die neuseeländischen Ureinwohner Māori nicht nur hier etwas bewahrt, was andere verloren haben, sagt der Māori Koro Carman, der durch den Waipoua Forest Besucher führt. Zu wissen, woher man kommt. Um sich zu vergewissern, wohin man geht.

Meistgelesene Artikel