Was will mir meine Katze bloss sagen, wenn sie vollgefressen um meine Beine streicht? Warum zwitschert der Vogel so aufgeregt auf der Linde? Nicht nur Kinder wünschen sich manchmal, mit Tieren tatsächlich sprechen zu können.
Der deutsche Verhaltensforscher und Meeresbiologe Karsten Brensing will mit dem Kindersachbuch «Wie Tiere sprechen – und wie wir sie besser verstehen» der Sprache der Tiere auf die Schliche kommen. Dem Autor liegt es fern, einen Dr. Dolittle spielen zu wollen – jenen Arzt aus den Kinderbüchern, der mit Tieren sprechen kann.
Das Rätsel der Tiersprachen
Vielmehr lädt er ein, selbst zu beobachten und seinen eigenen Erkenntnissen zu vertrauen. «Wir können Tiere viel besser verstehen, als wir bislang dachten», schreibt der Autor. Diese Fähigkeit sei vermutlich entstanden, als die ersten Wirbeltiere an Land gingen und begonnen hätten, sich mit Rufen zu verständigen. Diese richtig zu deuten, sei damals lebensnotwendig gewesen.
Bis heute sind die Sprachen der verschiedenen Tierarten noch immer nicht entschlüsselt. Brensing gibt jedoch Einblick in Erkenntnisse der vergleichenden Verhaltensbiologie, dem Erforschen des Verhaltens von Tieren mit wissenschaftlichen Methoden. Seine Ernte beschreibt er für Kinder ab neun Jahren.
Was war zuerst – Sprache oder Denken?
Dazu holt er weit aus, erklärt erst, wie Sprache überhaupt entstanden ist. Dann spannt er den Bogen über die Sprachforschung von gefangenen und freilebenden Tieren bis zu fast philosophische Fragen: War erst die Sprache oder das Denken da? Dürfen wir Tiere vermenschlichen? Ohne dass er es ausformuliert, regt der Autor zum Nachdenken an über die Würde von Tieren oder den Verzehr von Fleisch.
Einfach und bildhaft
Komplizierte Sachverhalte erklärt Karsten Brensing einfach und bildhaft. «Hast du schon einmal ein Kugelstosspendel gesehen? Genau so funktioniert das auch mit den Molekülen in der Luft», beschreibt er etwa die akustische Kommunikation.
«Sie geben die Schwingung weiter und irgendwann knallen die angeregten Moleküle gegen unser Trommelfell und bringen unser Innenohr zum Klingen.»
Vom Pantoffeltierchen bis zur Katze
Brensings Erklärton ist angenehm: nicht belehrend, sondern auf Augenhöhe. Allzu Kompliziertes erklärt er vertiefend in Infokästen. Wie zum Beispiel die Frage, ob Tiere denken können.
Dazu weist er auf die Entwicklungsstufen verschiedener Tierarten hin – vom Pantoffeltierchen, das nur auf Reize reagiert, bis zur Katze, welche die Maus sucht, auch wenn diese sich versteckt. Zudem gibt es viele Fotos und Illustrationen.
Wo die Wissenschaft an Grenzen stösst
Die Informationsfülle ist beachtlich. Zwangsläufig hat der Autor einiges arg komprimiert, sodass man Gewisses nur versteht, wenn man weiterführend recherchiert.
Bei allem Wissen: Autor Karsten Brensing zeigt wissenschaftliche Grenzen auf. Er macht deutlich, wenn die Forschung noch zu wenig Resultate hat oder wenn es zu gewissen Themen keine Informationen gibt.
Ein interaktives Sachbuch
Was das Buch besonders macht, sind die Experimente, die jeweils am Ende eines Kapitels stehen: Wir sollen zum Beispiel Gesten vormachen und überprüfen, ob sie von allen Anwesenden ähnlich verstanden werden.
Das liesse darauf schliessen, dass es universelle Gesten gibt. Hier also ist das Sachbuch interaktiv – und bestens geeignet, öde Nachmittage im Lockdown aufzupeppen.