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Windturbinen und ihre Auswirkung auf Vögel
Aus Wissenschaftsmagazin vom 08.05.2021. Bild: Keystone / LEANDRE DUGGAN
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Windenergie in der Schweiz Mehr Windturbinen heisst nicht unbedingt mehr tote Vögel

Zugvögel und Windturbinen können doch miteinander. Dies zeigt eine neue Studie. Dazu müssten allerdings die Wanderkorridore der Zugvögel beim Bau von Windanlagen berücksichtigt werden.

In der Schweiz wird nicht einmal ein Prozent des verbrauchten Stroms mit Windenergie produziert. Das soll sich ändern: In der Schweiz und der EU sind weitere Windanlagen geplant.

Ein forcierter Ausbau der Windenergie in Europa muss aber nicht unbedingt das Kollisionsrisiko für grosse Zugvögel erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt Jethro Gauld von der Universität East Anglia in einer noch unveröffentlichten Studie.

Zugvögel meist höher unterwegs als Windturbinen

Der britische Ökologe untersuchte zunächst, wo Zugvögel wie Weissstörche und Kraniche auf ihren Fernreisen dichte Windparks und Überlandleitungen kreuzen. Als Datengrundlage dienten ihm mehr als 60 Studien anderer Forschungsgruppen. Sie alle hatten Zugvögel mit GPS-Positionssendern ausgerüstet, die unter anderem die genaue Flughöhe protokollieren.

Die Tiere seien zwar die meiste Zeit weit oberhalb von Rotorwäldern unterwegs, sagt Gauld, aber sie legten Zwischenstopps ein und brauchten auch ziemlich lange, um danach wieder aufzusteigen. In diesen Lande- und Aufsteiggebieten könnte das Risiko einer Kollision also steigen, so Gauld.

Riskante Nadelöhre

Die Gefahr für die Zugvögel-Schwärme scheint heute aber noch nicht übermässig gross zu sein: Nur in knapp fünf Prozent aller Fälle wurden sie auf ihren Fernflügen inmitten dichter Windparks geortet.

Besonders Zugvögel werden Opfer von Rotorblätter

Box aufklappen Box zuklappen

Besonders die grossen Zugvögel werden Opfer von den Windturbinen. Aber weshalb eigentlich?

Ökologe Jethro Gauld erklärt das damit, dass grosse Vögel meist schwerfälliger und nicht zu so schnellen Ausweichmanövern fähig seien wie etwa kleine Singvögel.

Weissstörche seien zusätzlich dadurch gehandicapt, dass ihre Augen seitlich am Kopf sitzen. Die Klappermäuler haben also ihr Flugziel gar nicht richtig im Blick.

Raubvögel wiederum fixieren oft den Boden, um nach Beute Ausschau zu halten. Dabei sehen auch sie oft nicht, was unmittelbar vor ihnen liegt.

Allerdings gibt es Reise-Nadelöhre mit höherem Risiko für Kollisionen, etwa im Süden Spaniens und Portugals, wo Gauld derzeit selbst mit GPS-Sendern arbeitet. Dort verunglückten immer wieder Weissstörche, Schwäne und Kraniche, so der Brite: «Auf ihrer Reise nach Afrika fliegen die meisten Zugvögel entweder nach Spanien hinunter und überqueren die Strasse von Gibraltar. Oder sie wählen den Weg über die Türkei und Israel und nutzen auch dort nur einen schmalen Landkorridor.»

Szenarien deutscher Experten

Wie die Studie weiter ergab, muss sich das Vogelschlag-Risiko auch in Zukunft nicht erhöhen – selbst wenn Aberhunderte Windparks hinzukommen, um die verschärften Klimaschutzziele der EU zu erreichen. Planer könnten die Wanderkorridore der grossen Zugvogel-Arten bei Neubauten ohne Weiteres aussparen, betont Jethro Gauld. Dabei beruft er sich auf die Untersuchungen deutscher Energieexperten aus dem Forschungszentrum Jülich.

In einem Zukunftsszenario hatte die Arbeitsgruppe von Detlef Stolten errechnet, wo überall weitere Windparks in Europa bis zum Jahr 2050 ökonomisch betrieben werden könnten. Gauld legte die Karte über die der Vogelzugrouten – Überschneidungen gab es nur an jedem zehnten denkbaren Standort.

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Standorte an Vogelrouten verzichtbar

«Selbst die ehrgeizigsten Klimaziele wären erreichbar, wenn Windkraftanlagen mit 700 Gigawatt Gesamtleistung hinzukämen», sagt der Ökologe. Nach der Jülicher Studie sei das aber nur ein Bruchteil von dem, was alle potenziellen Standorte in der Summe liefern könnten – nämlich mehr als 13'000 Gigawatt, also fast 20 mal so viel Energie.

«Wir können uns also durchaus aussuchen, wo wir neue Windparks in Europa hinstellen», folgert Gauld. Soll heissen: Niemand muss künftige Anlagen in den Fernreisekorridoren grosser Zugvögel platzieren. Auch ausserhalb gebe es jede Menge Platz. Die EU könnte ihre ehrgeizigen Ausbauziele für die Windkraft demnach erreichen, ohne Störche, Kraniche und Schwäne einem höheren Risiko durch Vogelschlag auszusetzen.

SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 8.5.2021, 12:40 Uhr

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