Die Schweiz hat viele Forscherinnen und Forscher, die international auf Top-Niveau arbeiten – und doch blieb es in dieser Pandemie erstaunlich still.
Es gab sie zwar, die Resultate, die international beachtet wurden. Etwa im Frühling 2020 die Obduktionen an der Universität Zürich von Corona-Verstorbenen, die zeigten, dass Covid-19 den ganzen Körper befällt und nicht nur die Lunge. Oder die experimentellen Einsätze von Blutplasma von Genesenen bei Covid-19-Patienten am Universitätsspital Basel. Doch bei anderen ging einiges mehr.
Daten am Laufmeter
In Grossbritannien, Israel oder den USA produzierten Forschende fast am Laufmeter international beachtete Daten. Analysen zu Virusvarianten, vor allem aber auch Informationen über die Wirksamkeit von Impfstoffen und zur Weiterverbreitung von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung.
Dazu brauchte es sogenannte Kohortenstudien; das sind grosse Studien quer durch die Bevölkerung mit Zehntausenden von Menschen, die über eine längere Zeit beobachtet werden. Die freiwilligen Probanden wurden dazu etwa regelmässig auf Corona getestet und ihr Blut auf Antikörper untersucht.
Zentralisiertes Gesundheitssystem hilft
Solche Studien seien in der Schweiz kaum möglich, vor allem nicht auf die Schnelle. Dies sagt Matthias Egger, der Präsident des Forschungsrates des Schweizerischen Nationalfonds, einem der wichtigsten öffentlichen Geldgeber für die Forschung in der Schweiz.
Solche Studien sind in der Schweiz kaum möglich, vor allem nicht auf die Schnelle.
Der grosse Unterschied zu Grossbritannien sei, dass es dort ein stark zentralisiertes Gesundheitssystem gebe, den «National Health Service». In einer solch speziellen Situation wie der Corona-Pandemie könne man dann rasch und koordiniert vorgehen. Vor allem auch, weil das benötigte Geld sofort gesprochen werden kann und weil es in Datenbanken bereits eine grosse Auswahl an Personen gibt, von denen man weiss, dass sie in klinischen Studien mitmachen möchten.
Nicht auf die Schweiz übertragbar
Es sei schon sehr eindrücklich gewesen, wie bereits im März 2020 die ersten grossen Studien in Grossbritannien losgingen, sagt Matthias Egger. Im fragmentierten Schweizer Gesundheitssystem wäre so etwas nicht möglich gewesen.
Egger sieht auch nicht, dass sich dies in Zukunft substanziell ändern würde. Doch eine engere Zusammenarbeit der Universitätsspitäler etwa könnte einiges in Bewegung bringen und zum Beispiel im Voraus Plattformen für nationale klinische Studien bereitstellen. Es gebe bereits solche Initiativen, wie beispielsweise das «Swiss Personalized Health Network» von der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften.
Dank Grundlagenforschung zum Impfstoff
Auch mit dem Schweizer Impfstoff hat es bis jetzt nicht geklappt, zu stark und schnell war die ausländische Konkurrenz. Doch Matthias Egger sieht den Erfolg der Schweizer Forschenden eher im langfristigen Kontext: Es gebe über tausend Publikationen zu mRNA, die der Nationalfonds unterstützt habe in den letzten Jahren. Das sei ein Beitrag zur Grundlagenforschung gewesen, die Schritt für Schritt zu den heute eingesetzten Impfstoffen geführt habe.
Kein Anrichten mit der grossen Kelle also, sondern eher eine Art stilles Schaffen im Hintergrund – so könnte man die Schweizer Corona Forschung grob umschreiben.