Eines vorweg: Es hilft, wenn man Weihnachtslieder mag, um sich an diesem Adventskalender zu erfreuen. Für «Physik im Advent» wird jeden Tag bis Weihnachten ein kurzes YouTube-Video aufgeschaltet – eine Anleitung zu einem Physik-Experiment – und das beginnt jeweils mit einem der bekannten Weihnachtssongs, Ohrwurm-Potenzial inklusive.
Ich persönlich mag Weihnachten nicht besonders, aber ich stehe auf Adventskalender. Und ich mag Naturwissenschaften. Warum also dieses Jahr nicht mit Physik durch den Advent? Am Abend des 1. Dezembers haben mein Partner und ich Besuch. Kurzum setzen wir uns alle zusammen vor den Laptop und schauen das Video an, mit der Anleitung zum ersten Experiment.
Kurze Theorie – lustiges Ausprobieren
Das Experiment ist simpel: Eine Flasche bis oben hin mit Wasser füllen, einen Pingpong-Ball (ja, wir hatten zufällig einen zuhause) oben auf den Flaschenhals setzen, festhalten – und dann das Ganze auf den Kopf stellen. An dieser Stelle endet das Video mit der Frage: Was passiert nun?
Kurz diskutieren wir die verschiedenen Optionen hin und her: Bleibt der Ball, wo er ist? Fällt er runter und alles Wasser platscht heraus? Und warum? Dann geht es ans Ausprobieren. Wie unser Experiment ausging, dazu unten mehr. Hier nur so viel: Der Abend endet mit regen Diskussionen an der Küchenspüle. Ich unterhalte mich grossartig.
Physik ohne Vorkenntnisse
Die Idee für diesen Adventskalender stammt vom Physikprofessor Arnulf Quadt von der Universität Göttingen. Dieses Jahr geht bereits die sechste Ausgabe online – mit dem Ziel, insbesondere bei Jugendlichen im Oberstufenalter das Interesse für die Naturwissenschaften zu wecken.
Wir wollen die Physik den Menschen näherbringen, ohne dass man vorher stundenlang Formeln lernen muss.
Auch in der Schweiz soll der Adventskalender noch besser bekannt werden. Dieses Anliegen treibt Gernot Scheerer voran. Der Experimentalphysiker arbeitet am CERN und betreut dort immer wieder Schulklassen, die zu Besuch kommen. «Dabei wollen wir die Physik den Menschen näherbringen, ohne dass man vorher stundenlang Formeln lernen muss. Im Prinzip soll jede und jeder – auch ohne einen höheren Schulabschluss – an diesen Experimenten teilnehmen können und sie verstehen.»
Magie aus einfachen Experimenten
Dazu gehört auch, dass «Physik im Advent» sich von vielen anderen YouTube-Anleitungen für Physik-Experimente unterscheidet: Die Experimente sind wohltuend simpel. Sie lassen sich mit Dingen nachbauen, die man bei sich zuhause hat.
Bei den Physik-Experimenten ist immer ein wenig Magie dabei.
Die Videos dazu sind sehr kurz, in aller Regel weniger als drei Minuten lang. Dennoch überraschen die Experimente. Das sei ein wichtiges Element des Adventskalenders, sagt Gernot Scheerer. «Gerade bei den Physik-Experimenten ist ja immer ein wenig Magie dabei.»
Ganz ehrlich: Ich spüre diesen kurzen magischen Moment, als ich den Pingpong-Ball loslasse – und er unten an der kopfüber stehenden Flasche hängen bleibt (das Lösungs-Video am nächsten Tag liefert mir dann auch die physikalische Begründung dafür: der Luftdruck, der von unten her auf den Pinpong-Ball drückt, ist grösser als die Gewichtskraft des Wassers in der Flasche drin). Darüber hinaus ist es auch einfach erfrischend, abends über etwas ganz anderes nachzudenken – ganz im Sinn von: Futter für den Kopf statt Schoggi für den Bauch. Nur die Songs am Anfang werde ich irgendwie überspringen müssen – Weihnachtslieder sind wirklich nicht so meins.