Im Labor von Mirko Kovac an der Empa in Dübendorf ist eine Drohne am Werk. Sie schwebt über einer Glasfläche. Mit einem Stachel an ihrer Unterseite presst sie ein verschlungenes Muster aufs Glas – ein Muster aus einer Art Zement. Auf die unterste, ringförmige Schicht kommt eine zweite, dann eine dritte. Ein Turm entsteht. Gebaut – oder besser: gedruckt – von einer Drohne. Es ist eine 3-D-Drucker-Drohne – die erste überhaupt, die das kann.
Wie die Bienen
Mirko Kovac, Leiter des Robotikzentrums an der Empa, sagt, sie hätten die Idee bei den Insekten abgekupfert: «Wir schauten, welche Prinzipien Insekten brauchen, um Strukturen zu bauen.»
Tatsächlich: Die Drohne erinnert an eine Biene, die eine Wabenzelle aus Wachs aufbaut. Damit eine ganze Bienenwabe entsteht, braucht es aber die Kooperation eines Schwarms: «Es gibt keine Architekten-Biene, welche die Arbeiterbienen instruiert», sagt Kovac, «sondern die Bienen koordinieren ihre Schwarmintelligenz, und sie interagieren mit ihrer Umgebung. So erzeugen die Tiere laufend die Information für den nächsten Konstruktionsschritt.»
Die Drohne bei der Arbeit beobachten
Dieses Prinzip könne man auch in der Robotik anwenden, sagt Kovac: «Nach dem Vorbild der Bienen haben wir Robot-Systeme entwickelt, die 3-D drucken und dies aus dem Flug tun können.» Diese Drohnen haben es letzte Woche als Titelgeschichte ins Fachmagazin «Nature» geschafft.
Noch fliegen diese Flugroboter erst im Labor. In der Praxis könnten solche Drohnen Bauarbeiten oder Reparaturen an schwer zugänglichen Orten übernehmen – an Fassaden, Pipelines, Brückenpfeilern. Denkbar seien auch Einsätze in der abgeschiedenen Natur oder im Weltall, wo oft möglichst minimale menschliche Eingriffe gewünscht seien.
Kovacs Drohnen nehmen sich die Natur zum Vorbild. Um Drohnen agiler und vielseitiger zu gestalten, seien in den letzten Jahren die Materialien immer wichtiger geworden. «Zum Beispiel wollen wir Flügel kreieren, deren Federn sich an eine spezifische Umgebung und an die Aerodynamik anpassen können.»
Anpassungsfähige Drohnen haben Kovac und sein Team bereits gebaut. Das Projekt heisst Medusa: «Medusa ist eine fliegende Drohne, die auf einer Wasseroberfläche landen und dann unter Wasser ein Gefährt freilassen kann.» Dieses Gefährt bewegt sich frei unter Wasser, es kann Wasser direkt filtrieren oder Daten sammeln zur Wasserqualität und Biodiversität im Wasser. «Das ist viel effizienter als die traditionellen Methoden», so Kovac.
Für das Projekt arbeitet Kovacs Gruppe mit dem Wasserforschungsinstitut Eawag zusammen. Die Medusa-Drohnen wurden in Seen, Flüssen und auch dem Meer getestet. Jetzt sind sie im Einsatz, etwa für die Industrie. Auch in den Umweltwissenschaften seien die wendigen Medusa-Werkzeuge gefragt.
Wie Spinnen in der Luft
Andere Drohnen können sich wie Spinnen durch die Luft bewegen, haften sich an Oberflächen an und seilen sich von dort aus ab. Auch hier hat sich Kovac an der Natur orientiert, an der Genialität der Spinnen: Diese könnten nicht nur ihr Netz aus dem eigenen Körper 3-D drucken, sondern das Netz auch als Sensor gebrauchen. «Über die Vibrationen nehmen sie die Umgebung wahr.»
Mirko Kovac ist überzeugt, dass den bio-inspirierten Drohnen die Zukunft gehört. Weil Maschinen und lebendige Wesen hier keine Gegensätze sind, sondern sich gegenseitig befruchten.