Das Wichtigste in Kürze
- Mit dem 4D-Druck können in Zukunft Implantate hergestellt werden, die durch Veränderung von Temperatur, Feuchtigkeit oder Druck ihre richtige Form annehmen.
- Man spricht von 4D, da die vierte Dimension die Zeit ist.
- Die Technik ist auch für die Raumfahrt interessant.
- Bereits fortgeschritten ist die Erforschung des 4D-Drucks, um Hördefekte auszugleichen.
Kleine Wunde, kleines Implantat
Bei einer Operation ist es von Vorteil, wenn die Wunde möglichst klein bleibt. Möglichst klein muss also auch das Implantat sein, das Ersatzteil, das in den menschlichen Körper eingesetzt wird. Ideal wäre ein zusammengefaltetes Implantat, das sich im Körper öffnet und erst dort die richtige Form annimmt.
Genau daran arbeitet die Forschung. Und genau dies ist ein mögliches Einsatzgebiet des sogenannten 4D-Drucks, erklärt Kristina Shea, Professorin für Maschinenbau und Verfahrenstechnik an der ETH Zürich: «Das Implantat wäre zum Beispiel so konstruiert, dass es sich, ausgelöst durch die Körperwärme, von selbst in die richtige Form bringt.»
Die vierte Dimension ist die Zeit
Doch was hat das mit einer vierten Dimension zu tun, warum spricht man von 4D-Druck, wenn die Implantate doch aus dem 3D-Drucker kommen? «Reagieren die ausgedruckten 3D-Objekte auf ihre Umgebung und verändern sie mit der Zeit ihre Form, so spricht man von 4D-Druck», erklärt ETH-Professorin Shea, «die vierte Dimension ist die Zeit.»
Je nachdem, aus welchen Materialien sie kombiniert werden, reagieren die ausgedruckten 4D-Objekte auf unterschiedliche Einflüsse: Auf Veränderungen der Temperatur, der Feuchtigkeit, des Drucks, oder Vibrationen.
Dieses Prinzip könnte auch in der Raumfahrt genutzt werden. Objekte könnten zum Beispiel platzsparend ausgedruckt und so in den Weltraum geschossen werden. Erst dort würden sie sich dann aufgrund der Eiseskälte aufklappen.
ETH vorne mit dabei
Der 4D-Druck ist eine neue Forschungsrichtung. Expertinnen wie Kristina Shea sind begehrt. Sie arbeitete an Universitäten in Cambridge und München, bevor sie an die ETH nach Zürich kam. «Nur wenige Unis weltweit arbeiten an der neuen 4D-Druck-Technik», sagt sie, «aber es sind führende Forschungslabors».
An der ETH macht Shea derzeit noch relativ einfache Tests mit Plastikwerkstücken aus dem 3D-Drucker. Die neue Technik bietet so viele Möglichkeiten, dass sie und ihr Team vieles erst einmal ausprobieren müssen.
Flexible Implantate im Ohr
Schon weiter fortgeschritten sind Versuche am Laser Zentrum Hannover mit den klitzekleinen Implantaten im menschlichen Ohr. Sie entfalten sich erst im Innern des Ohrs, in der sogenannten Hörschnecke. Die Implantate sollen einen Hördefekt ausgleichen.
Über die Implantate werden Töne von aussen an den Hörnerv weitergeleitet. Schwerhörige oder gar taube Menschen können so wieder hören. Die Form der Hörschnecken ist in jedem Mensch unterschiedlich, aber mit 4D-Druck lassen sich die Implantate individuell anpassen.
Die Erforschung des 4D-Drucks ist in vollem Gange, aber die Technik ist so neu, dass es erst wenige Firmen gibt, die sie beherrschen. Doch Kristina Shea ist überzeugt: «Weitere Erfolge sind nur eine Frage der Zeit.»
Sendung: SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 4.2.2017, 12:40 Uhr.