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Schweizer Wissenschaftspreis Nicola Spaldin bereitet die Computer-Revolution vor

Zum zweiten Mal in der Geschichte des «Schweizer Nobelpreises» wird eine Frau geehrt. Was macht die Arbeit der Chemikerin Nicola Spaldin so bahnbrechend?

Der Marcel-Benoist-Preis gilt als Schweizer Nobelpreis. In seiner bald hundertjährigen Geschichte geht dieser wichtigste Schweizer Wissenschaftspreis nun zum zweiten Mal an eine Frau: Nicola Spaldin von der ETH Zürich.

Geehrt wird die theoretische Chemikerin für ihre Forschung an neuen Materialien, die dereinst unsere Computer und Handys revolutionieren könnten.

Keine Starallüren

Nicola Spaldin wurde in England geboren, studierte in Cambridge Naturwissenschaften, forschte dann an Hochschulen in den USA und ist seit acht Jahren Professorin für Materialtheorie an der ETH Zürich. Weltweit gehört sie zu den meist zitierten Forschenden auf ihrem Gebiet.

Doch von Starallüren ist die frisch gekürte Benoist-Preisträgerin weit entfernt. Sie fühle sich sehr geehrt durch den Preis, sagt sie, und dass sie nun quasi zur Crème de la Crème der Schweizer Wissenschaft zähle.

Forschungsgebiet neu belebt

Die 50-jährige Chemikerin kann sich ihr britisches Understatement leisten. Sie hat – praktisch allein – ein ganzes Forschungsgebiet neu belebt, ein Gebiet, in das heute viel Geld fliesst.

«Multiferroika» heisst dieses Forschungsfeld. Es geht um keramikartige Materialien, die es in der Natur nicht gibt. Sie haben nämlich sowohl elektrische als auch magnetische Eigenschaften. Und das macht sie interessant für vieles, zum Beispiel für neue Computer.

In den heutigen Computern passiere die Verarbeitung von Informationen mit elektrischen Materialien, die Speicherung hingegen mit magnetischen, erklärt Spaldin. Der Energieverbrauch bedeutet dabei ein riesiges Problem. «Wir versuchen nun, fürs Speichern wie Verarbeiten nur noch ein Material einzusetzen. Das macht die Technik schneller, kleiner und energiesparender.»

Neue Materialien, weniger Energieverbrauch

«In etwa zehn Jahren, so manche Schätzungen, wird von der weltweit verbrauchten elektrischen Energie gerade die Hälfte auf die Informationstechnologien fallen, so Nicola Spaldin. Ein Horror-Szenario. Der Druck ist also gross, Alternativen zu finden – wie eben Multiferroika. Diese könnten Computer und ähnliche Technologien um einen Faktor Tausend energieeffizienter machen. Denn noch ist keines der neuen Materialien perfekt.

Immerhin schon annähernd perfekt sei «Bismutferrit», sagt Spaldin. Dieses Material aus Bismut, Eisen und Sauerstoff, das Spaldins Team entwickelt hat, behält seine elektrischen und magnetischen Qualitäten auch bei Raumtemperatur bei.

Es wird heute für Transistoren, wie sie in jedem elektrischen Gerät stecken, von verschiedenen Firmen bereits in Prototypen getestet. Währenddem entwirft die Grundlagenforscherin an der ETH weitere Materialkombinationen, die später einmal Geräte revolutionieren könnten. Man kann also guten Gewissens sagen: Was noch nicht ist, kann noch werden.

Sendung: Radio SRF 4 News, Nachrichten, 5.9.2019, 1100 Uhr.

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