Bei Brugg im Kanton Aargau wurden zum ersten Mal in der Schweiz Starkstromleitungen in den Boden verlegt. Wissenschaftsredaktor Christian von Burg sagt: Unterirdische Kabel schonen die Landschaft, sind aber kostspielig.
SRF: Die Erdkabel kosten bei diesem Projekt sechsmal mehr als eine konventionelle Freileitung über Strommasten. Lohnt sich das?
Christian von Burg: Ja, in diesem Einzelfall schon. Jetzt kann anhand dieses Beispiels über die Kosten, die Auswirkungen auf die Umwelt und alle praktischen Belange diskutiert werden.
20 Jahre ist über diese Leitung gestritten worden. Es gab Gutachten und Gegen-Gutachten. Die Anwohner haben sich bis vor Bundesgericht gegen die Erhöhung der bestehenden Masten gewehrt.
Gibt es ähnliche Projekte, bei denen Hochspannungsleitungen unter die Erde verlegt wurden?
Auf der unteren Netzebene ist diese Praxis in der Schweiz gang und gäbe, also etwa die Stromleitungen in den Städten und Dörfern.
Aber auf der höchsten Ebene, den sogenannten Stromautobahnen, wo der Strom mit bis zu 380 Kilovolt fliesst, ist das in der Schweiz eine Premiere. Europaweit gibt es erst ein gutes Dutzend ähnliche Projekte.
Es braucht gute Kompromisse, sonst wird die Energiewende weiter verzögert.
Der Knackpunkt ist der Preis: Warum ist eine Leitung im Boden so viel teurer?
Das Prozedere ist sehr aufwendig. Dort, wo die Leitungen in den Boden gehen, braucht es ein Abspanngerüst. Von dort werden dickere Stromkabel in Schutzrohre verlegt.
Diese werden knapp zwei Meter unter der Erdoberfläche durchs Gelände geführt, unter Strassen und Eisenbahnlinien durch. Das sind zwei Stränge zu je acht Röhren, die am Schluss in Beton eingegossen werden. Ein grosser Ressourcenverbrauch!
Wenn es so viel kostet, wird sich diese Praxis überhaupt durchsetzen?
Alle wollen und brauchen Strom. Die Mehrheit will ihn erneuerbar aus Sonne oder Wind. Dieser Strom wird aber nicht gleichmässig produziert. Er muss über weitere Strecken etwa aus Norddeutschland in die Schweiz transportiert werden. Zudem müssen die Spannungsschwankungen ausgeglichen werden.
Deshalb braucht es, mehr denn je, verlässliche Höchstspannungsleitungen. Aber es will niemand die bis zu 80 Meter hohen Strommasten neben dem eigenen Haus.
Würde man die mehr als 6000 Kilometer Höchstspannungsleitungen in der Schweiz unter den Boden verlegen, wäre das optisch ansprechend, aber die Stromkosten würden ansteigen.
Könnte man solche Leitungen auch günstiger bauen?
Die Gegner der Freileitungen sagen, hier sei eine extrem sichere, dafür teure Schweizer Lösung gebaut worden. Auch gemäss Fachleuten bei der Netzbetreiberin Swissgrid könne man noch dazulernen und etwas günstiger bauen.
Erdkabel sind zwei- bis zehnmal teurer als Freileitungen. Je nach Topografie und Situation schwanken die Kosten beträchtlich.
Es geht darum, zukünftig möglichst intelligente Lösungen zu finden. Das wird jetzt vom Bund geprüft. Denn es gibt noch viele umstrittene Höchstspannungsleitungen in der Schweiz, die erhöht werden sollen. Es braucht gute Kompromisse, sonst wird die Energiewende weiter verzögert.
Welche Folgen haben unterirdische Hochspannungsleitungen für den Boden?
Der Boden wird sicher beeinträchtigt. Der Wasserhaushalt wird durch die unterirdischen Betontrassen gestört.
Man kann über den Leitungen Landwirtschaft betreiben, aber sie geben Wärme ab. Experten rechnen 30 Zentimeter unter der Oberfläche mit etwa Plus ein Grad. Das wird jetzt anhand der neuen Leitung genau untersucht – auch die Auswirkung auf die Bodenorganismen.
Das Gespräch führte Katharina Bochsler.