Internet ist nicht für alle eine Selbstverständlichkeit. «Drei Milliarden Menschen auf der Welt haben kein Netz», sagt Nicolas Zibell von der Firma OneWeb. «Sie leben in Afrika, in Alaska oder einfach in Funklöchern.» Auch in der Schweiz.
Einen Grossteil dieser internetlosen Orte will die US-Telekommunikationsfirma bald ans Netz anschliessen – indem sie Kleinsatelliten ins All schickt. Dafür arbeitet OneWeb mit dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus zusammen. «Eine neue Fabrik in Florida kann mehr als zwei der etwa kühlschrankgrossen Würfel pro Tag anfertigen», so Nicolas Zibell.
Weltraumschrott nimmt zu
Die neue Massenproduktion verändert die Satellitenwelt radikal. Erstmals soll – in rund tausend Kilometern Höhe – eine Gruppe von bis zu 900 Kleinsatelliten um die Erde kreisen. Zum Vergleich: Rund 1600 aktive Sateliten gibt es laut der Europäischen Weltraumorganisation ESA heute im All.
Die Zahl der Satelliten steigt also schlagartig und auch das Risiko für Kollisionen nimmt zu. Zudem droht mehr Weltraumschrott in der Erdumlaufbahn. Denn die kleinen Satelliten leben weniger lang als die grossen. Alle fünf Jahre müssen sie kontrolliert zum Absinken gebracht werden, sodass sie in der Erdatmosphäre verglühen.
Schweizer Technik bringt Satelliten auf Kurs
Seit letztem Mittwoch sind sechs Testsatelliten von OneWeb im All. Auch mit wichtiger Schweizer Technik drin. Eine leichte Aluminiumstruktur von Ruag Space bildet etwa das Gerüst der Satelliten.
Die Satelliten sollen nach der Testphase laufend aufsteigen – mit 20 Raketen. «Mit der Rakete schicken wir bis 36 Satelliten gemeinsam hoch. Die müssen alle in die richtige Umlaufbahn gebracht werden», sagt Peter Guggenbach, CEO von Ruag Space.
Dafür hat Ruag Space ein spezielles Verteilsystem entwickelt. Das spickt Dutzende Satelliten rasch und geordnet aus der fliegenden Rakete in die richtige Erdumlaufbahn. Mit jeder Rakete werdens mehr.
Neue Satellitenschüsseln helfen
Bis in acht Jahren soll so Internet flächendeckend rund um den Globus verfügbar sein. Nur: Ganz so einfach ist das nicht. Denn ein Handy kann nicht direkt mit den Satelliten kommunizieren. Dazu braucht's Satellitenschüsseln.
Deren Reichweite ist meist nicht allzu gross, sagt Informatiker Roland Bless vom Institut für Technologie in Karlsruhe: «Die Abdeckung ist vermutlich auf wenige hundert Meter beschränkt – bei guten Bedingungen.»
Die Reichweite vergrössert sich zwar, weil Spezial-Satellitenschüsseln zum Beispiel auch auf Autos montierbar sein sollen. Entsprechend ausgerüstete Fahrzeug könnten auch mitten in der Wüste surfen.
Ein attraktives Modell
Wie rasch allerdings die digitale Kluft sich schliessen lässt, wird wesentlich auch von den Preisen bestimmt. Zahlen nennt Nicolas Zibell von OneWeb nicht, die Internetpreise würden in jedem Land «wettbewerbsfähig» sein.
Noch kosten die Kleinsatelliten etwa doppelt so viel als einst angepeilt, schätzen Insider. Dennoch hat das Unternehmen offenbar genug Investoren und erste Kunden gewinnen können.
«Auch weitere Unternehmen haben solche Pläne. Das Modell scheint also attraktiv genug zu sein», sagt Informatiker Roland Bless. Attraktiv genug findet das etwa der US-Tech-Unternehmer Elon Musk. Auch er will demnächst Internet-Satelliten ausschwärmen lassen. Sogar mehrere Tausend.