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Ein typisches Appenzeller Holzhaus mit angebautem Stall.
Legende: Bekannter Anblick für Wanderer: Die Architektur und Verkleidung des Gehöfts sind «typisch Appenzell». SRF

Technik Der Appenzeller Strick – versteckte Baukunst

Eine Jahrhunderte alte Tradition ist fast in Vergessenheit geraten: Balken, die dank raffiniertem Zuschnitt nicht aus der Wand herausragen. Denkmalpfleger und Wissenschaftler versuchen, den Appenzeller Strickbau an die heutige Zeit anzupassen.

Ein Wohnhaus mit angebautem Stall: Das typische Erscheinungsbild von Appenzeller Bauernhäusern prägt die Landschaft in den beiden Ostschweizer Halbkantonen. Auf jedem Hügel, an jedem Hang sind sie zu sehen, die mit Täfer verkleideten oder mit Schindeln bedeckten Fassaden und Wände. Äusserlich gleichen sie sich bis heute – doch unter der Fassade hat sich in den letzten 100 Jahren viel verändert.

Eine clevere und stabile Bauweise

Früher war es selbstverständlich, dass Bauernhäuser in Appenzell im so genannten Strickbau erstellt wurden (siehe Textbox). Die Methode hat eine raffinierte Besonderheit: Die Eckverbindungen der Massivholzbalken haben keine Vorhölzer, ragen also nicht über die eigentliche Wandbreite hinaus. Schwalbenschwanzförmige Enden der Balken machen es möglich, die Ecken wandbündig miteinander zu verbinden – oder anders und anschaulicher gesagt: zu verstricken.

Diese Bauweise hat eine Jahrhunderte alte Geschichte und ging fast vergessen, als mit dem Bevölkerungswachstum immer mehr Holz fürs Bauen und Heizen benötigt wurde. Riegelbauten lösten den Strickbau ab: Die Mauern zwischen diesen Holzskeletten verdrängten das Massivholz. Weil die Fassaden der Appenzeller Häuser aussehen wie eh und je, sieht man heute den Gebäuden nicht an, ob drunter ein Strickbau steckt oder nicht.

Geschichte des Strickbaus

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Die Strickbau-Technik für Bauernhäuser im Appenzell war bis in das späte 19. Jahrhundert hinein üblich. Weil diese unverschiebliche Konstruktion aus sich heraus – ohne Nägel oder Dübel – sehr stabil ist, sind viele Häuser in dieser Bauart bis heute gut erhalten. Erstmals erwähnt wurde der Ausdruck «Strickbau» in einer Bauakte aus dem Jahr 1781.

Laut Erhebungen durch die Ausserrhoder Denkmalpflege und der ETH Zürich sind noch über 50 Prozent des heutigen Gebäudebestandes in Appenzell in dieser Bauweise erstellt. Doch die Wissenschaftler sehen den Bestand bedroht: Wirtschaftliche Gründe führen immer wieder zum Abriss alter Häuser. Und weil handwerkliches Wissen mehr und mehr verloren geht, werden Reparaturen häufig nicht sachgemäss durchgeführt.

Experten wollen die Tradition erneuern

Heute versuchen Fachleute, die vergessene Tradition des Appenzeller Strickbaus wieder zu beleben. Zum Beispiel mit einem Forschungsprojekt am ETH-Institut für Denkmalpflege und Bauforschung. Und mit Bemühungen, die alte Bausubstanz heutigen Anforderungen und Bedürfnissen anzupassen, zum Beispiel bezüglich der Raumhöhe und der Isolation.

Die ETH-Forscher wollen zusammen mit Wissenschaftlern der TU Darmstadt «Massnahmen einer substanzschonenden und gleichzeitig kostengünstigen und effizienten Ertüchtigung des Hauses » erproben und entwickeln, die auch für die Nutzer tragbar sind. Denn auch in uralten Strickbauten soll man zeitgemäss wohnen und sich wohlfühlen können.

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