Elektrischer Strom muss vom Kraftwerk bis zur Steckdose einen langen Weg zurücklegen – und Hindernisse überwinden: Umspannstationen und Hochspannungsleitungen, die alle elektrischen Widerstand haben. Und der sorgt dafür, dass unterwegs Strom verloren geht. Wissenschaftler suchen deshalb schon lange nach einem Material mit möglichst wenig elektrischem Widerstand. Oder besser noch: ohne.
Ein verblüffendes Phänomen
Den Anfang machte 1911 der Holländer Heike Kamerlingh Onnes. Er kühlte Quecksilber auf minus 270 Grad Celsius und stellt fest: Es leitet Strom unbegrenzt und völlig ohne Widerstand. Schnell war klar: Auch andere Materialien zeigen dieses spezielle Verhalten, wenn man sie extrem stark abkühlt. Denn in diesem Zustand greifen die Regeln der klassischen Physik nicht mehr: Die Atome, die sonst wechselnde Zustände haben, werden quasi gleichgeschaltet. Dann verhalten sie sich völlig anders und lassen den Strom «passieren».
Keine Wunder, dass diese Eigenschaften Wissenschaftler Grosses erwarten liess. Würde man mit der Supraleitung in Zukunft Strom auf beliebige Entfernungen und ohne Verluste verteilen können? Das Forschungsrennen um den besten Supraleiter war eröffnet.
Noch kein praktischer Einsatz
Der Rekordhalter war bis vor kurzem ein Material, das schon bei minus 109 Grad Celsius Strom ungebremst passieren lässt. Jetzt haben deutsche Wissenschaftler in der Fachzeitschrift «Nature» beschrieben, dass Schwefelwasserstoff – jenes Gas, das nach faulen Eiern riecht – sogar schon bei minus 70 Grad Celsius supraleitend wird.
Das klappt aber nur, wenn der Stoff unter extrem hohem Druck steht – einem Druck, der etwa anderthalb Millionen Mal dem Luftdruck auf der Erdoberfläche entspricht. Deswegen lässt sich dieser Stoff im Alltag wohl nie einsetzen.
Vielleicht auch bei Raumtemperatur?
Trotzdem liefert der Versuch einen wichtigen Hinweis: Materialien, die viel Wasserstoff enthalten, könnten sogar bei noch höheren Temperaturen supraleitend sein. Eventuell gibt es darunter auch Stoffe, die das schon bei Raumtemperatur sind. Doch heute liegt der Traum von der perfekten Stromleitung noch in weiter Ferne.