«Ich konnte nicht mehr schlafen», schildert Hansjürg Leibundgut die dramatische Situation im Winter vor zwei Jahren. In seinem Haus, das er selbst bewohnt und in dem er teure Wohnungen vermietet, funktionierte die Warmwasserversorgung nicht: «Im Stundenrhythmus ging ich in den Keller und schaute nach».
Das eigene Haus als Versuchslabor
Leibundguts Haus ist auch ein Versuchslabor für sein neuartiges Heizsystem. Doch die Technik lief nie einwandfrei. «Die Bewohner des Hauses haben nichts bemerkt, aber das Ganze hat an meinem Selbstvertrauen genagt», erzählt der ETH-Professor. Leibundgut begann an der technischen Umsetzbarkeit seiner Konzepte zu zweifeln und geriet in eine Abwärtsspirale, die während einer Vorlesung an der ETH Zürich ihren Tiefpunkt erreichte: «Ich glaubte plötzlich nicht mehr an das, was ich da erzählte». Leibundgut beendete die Vorlesung, tauchte ab und hinterfragte alles nochmal grundlegend.
Jahrelange Forschungsarbeit
Über Jahre hatten er und sein Team das Zusammenspiel und die einzelnen Komponenten des Heizsystems entwickelt. «Ich teste nicht in einem Labor an der ETH, sondern in meinem eigenen Haus mit meinem eigenen Geld.»
Das Konzept des CO-freien Hauses «2SOL» beruht auf einem einfachen Prinzip. Die Energie der Sonne wird im Sommer mit einem sogenannten Hybridkollektor in Solarstrom und in thermische Energie umgewandelt. Die Wärme wird 500 Meter tief im Erdreich zwischengespeichert und im Winter via Wärmepumpe für Heizung und Warmwasser gebraucht (siehe Animation). CO-frei ist das aber nur, wenn auch der Strom für die Wärmepumpe aus erneuerbaren Energien stammt. Diesen Beweis muss Leibundgut noch erbringen.
Mit einer Radikalkur zum Erfolg
So einfach sich das Prinzip anhört, die Umsetzung in seinem Haus war kompliziert und das System fehleranfällig. Und dies wurde ihm im Winter vor zwei Jahren fast zum Verhängnis. «Ich wusste wirklich nicht mehr weiter». Der Professor entschied sich für eine Radikalkur und riss 300 Kilogramm Material aus dem mit Kabeln übersäten Heizraum. «Ich habe alles vereinfachen müssen». Die Not machte den Maschinenbauer erfinderisch. Zusammen mit einem Haustechniker begann er eigenhändig auszumisten, trennte sich von technischem Firlefanz, entfernte Ventile und Schalter. Das Konzept «2SOL» war geboren. «Das war der Durchbruch. Mit diesem abgespeckten Konzept konnte ich die Wirtschaft überzeugen».
Die Schweizer Industrie zieht mit
Eine Allianz von zwölf Schweizer Unternehmen setzen auf diese Technik, die sich auch wirtschaftlich rechnen soll, wie Balz Halter von der «Halter AG» gegenüber SRF ausführt: «Weil das System sehr effizient ist und man eigentlich über das ganze Jahr gesehen genügend Energie hat, kann man bei der Wärmedämmung massiv einsparen, und man hat sehr tiefe Energiekosten.» Das einzige was es braucht, ist ein wenig Strom.
Rentabel ist das System vorerst nur für grössere Liegenschaften. Zurzeit kostet es pro Kopf 5000 Franken mehr als eine konventionelle Heizung, ist dafür aber im Betrieb billiger. Leibundgut rechnet, dass bis in 30 Jahren 80 Prozent der Schweizer Häuser mit dieser Technologie funktionieren könnten – und das ohne staatliche Subventionen.