Braunkohle ist in Deutschland seit dem begonnenen Atomausstieg der wichtigste Energieträger zur Stromherstellung. Obwohl energetisch minderwertiger als Steinkohle wird aus dem Jahrmillionen alten Brennstoff rund ein Viertel der Elektrizität hergestellt. Die Abbaugebiete gleichen Mondlandschaften, das Grundwasser wird um mehrere hundert Meter abgesenkt. Gleich nebenan stehen die Kraftwerke.
Kiloweise giftiges Quecksilber im Abgas
Nicht nur die immensen Kohlendioxid-Belastungen sorgen bei Umweltschützern für rote Köpfe. Auch die Emissionen von mehreren hundert Kilogramm giftigem Quecksilber pro Kraftwerk jährlich sowie Feinstaub, Arsen und Cadmium belasten die Anwohner.
«Braunkohle ist der dreckigste aller Energieträger», sagt Dirk Jansen, «er ist der Klimakiller Nummer eins.» Als Geschäftsführer beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland ist er in Nordrhein-Westfahlen seit langem mit der Braunkohle-Problematik vertraut. «Die Braunkohlekraftwerke boomen, sie haben Absätze wie nie zuvor», so Jansen gegenüber der «Rundschau». Der Strom ginge zunehmend in den Export, in den europäischen Markt und in die Schweiz.
Bis zu 5 Prozent im Schweizer Netz
Die Rechnung ist einfach: Braunkohle ist zu rund zehn Prozent im Europäischen Strommix enthalten. Kaufen Schweizer Energieversorger an den europäischen Börsen ein, dann liefern sie ihren Abnehmern diesen Mix. Nur wer ausdrücklich etwa Strom aus Sonnen- oder Windenergie verlangt, bekommt solche Qualitäten mit Zertifikat geliefert.
Doch diese Anteile sind sehr gering, bestätigt Walter Müller. Er vertritt mit dem Verband «Gruppe Grosser Stromkunden» die Bedürfnisse der Schwerindustrie und Grossverbraucher. Viele stünden im internationalen Wettbewerb, betont er, Strom sei ein wichtiger Kostenfaktor.
Anders sieht es Jürg Buri, Geschäftsführer der Schweizerischen Energie-Stiftung SES. «Auch die Schweizer Wirtschaft soll sauberen und nachhaltigen Strom einkaufen», findet er. Die SES hat gerechnet und festgestellt: «Etwa 2 bis 5 Prozent vom heutigen Strom, der aus der Steckdose bezogen wird, ist heute deutsche Braunkohle.» Dies entspräche dem Stromverbrauch der Stadt Bern oder sogar der Stadt Zürich.
«Dreckstrom»-Abgabe oder Importverbot?
Neben der Braunkohle sorgen auch Steinkohle, Gas und Öl dafür, dass der Anteil an fossilem Strom im Schweizer Netz hoch ist. Im europäischen Strommix haben diese Energieträger einen Anteil von 43 Prozent. Durch den stark gewachsenen Handel an den europäischen Strombörsen ist dieser Mix immer mehr auch im Schweizer Strommix enthalten.
Eric Nussbaumer, SP-Nationalrat und Mitglied der nationalrätlichen Energiekommission möchte nicht, dass immer mehr Braunkohlestrom in die Schweiz kommt. Gegenüber der «Rundschau» fordert er: «Entweder wird der Strom, wenn er in die Schweiz kommt, mit einer »Dreckstrom«-Abgabe belastet. Oder der Braunkohlestrom wird in dem Sinne ausgeschlossen, dass man sagt, wenn es nicht Herkunftsnachweise für erneuerbare Energien gibt, dann darf man nicht in die Schweiz importieren.»