«Ich bin Roboy und freue mich sehr, Sie zu sehen», sagt der kleine Roboter mit seiner Blechstimme. Er sitzt auf einem Hocker, seine Beine baumeln in der Luft. Aus seinem weissen Kopf strahlen zwei grosse blaue Augen in die Welt. Roboy lächelt und zwinkert. Er ist ein Sympathieträger, und zu diesem Zweck wurde er auch gebaut. «Roboy gefällt den Leuten und das wollten wir», sagt Rolf Pfeifer, der Leiter des Labors für künstliche Intelligenz an der Universität Zürich. Roboy solle ein Botschafter sein für sein Fachgebiet, die Robotik.
Ein Roboter zum Fest
Öffentlich vorgestellt wird Roboy dieses Wochenende in Zürich. Da steigt ein wahres Roboterfest, denn das Labor für Künstliche Intelligenz der Universität Zürich feiert seinen 25. Geburtstag und es feiert Rolf Pfeifer. Der renommierte Roboterforscher geht nächstes Jahr in Pension. Zu diesem Anlass haben die Zürcher Forscher «Roboy» entwickelt. Er ist ein Vorzeigeprojekt dafür, was sie in den letzten Jahrzehnten erreicht haben.
Das Besondere an Roboy ist, dass er aussieht wie ein Mensch ohne Haut - anatomisch korrekt mit künstlichen Knochen, Muskeln und Sehnen. Die Knochen sind aus Plastik; die Sehnen sind einfache Schnüre, die an den Knochen festgeknotet sind. Und die Muskeln sind kleine Motoren; sie sind im Brustkasten des Roboters untergebracht und ziehen an den Schnüren.
Die Beine tragen noch nicht
So ausgerüstet, kann Roboy schon winken, die Arme ausbreiten, Hände schütteln und die Beine etwas bewegen. Tragen können ihn seine Beine allerdings noch nicht. Dass Roboy bei seiner Präsentation noch nicht gehen kann, ist für die Zürcher Forscher zwar eine kleine Enttäuschung, aber es ist keine Überraschung.
Auch der Roboterforscher Andy Ruina von der Cornell University in den USA ist nicht überrascht. Kein humanoider Roboter könne wirklich gut gehen, sagt er. Warum Menschen so effizient und sicher gehen könnten, sei noch immer ein Rätsel.
Was für uns leicht ist, ist für Roboter also schwer. Es gibt zwar humanoide Roboter, die gehen können, aber sie bewegen sich oft sehr eckig – wie typische Roboter eben – und verbrauchen dafür erst noch viel Energie. Ein Beispiel ist der berühmte Roboter Asimo von Honda. Er sieht zwar menschlich aus, funktioniert aber ganz anders als wir. Statt Knochen, Muskeln und Sehnen hat er quasi in jedem Gelenk einen Motor.
Verkörperte Intelligenz
Solche Roboter sind nicht Rolf Pfeifers Ideal, denn er will mit seinen Robotern etwas über die Menschen selbst lernen und über ihre Intelligenz. Deshalb baut er Roboter, die möglichst Menschen-ähnlich sind. Pfeifer ist sich sicher, dass menschliche Intelligenz nur in einem menschlichen Körper entstehen kann. Dabei ist die Mechanik ausschlaggebend: Der Körper wartet nicht einfach auf die Befehle des Gehirns, sondern das Gehirn folgt quasi der Mechanik des Körpers, wenn dieser sich in der Umwelt bewegt.
Mit dieser Idee der «Verkörperung» von Intelligenz – dem sogenannten Embodiment – hat Rolf Pfeifer in seinem Fachgebiet Furore gemacht. Die Idee, die er Ende der 1990er-Jahre präsentierte, war neu und interessant. Auch der Amerikaner Andy Ruina war von ihr fasziniert. Heute sieht Ruina die Sache allerdings ein bisschen anders. Der Ansatz habe nicht die erhofften Fortschritte gebracht. Deshalb rücken für ihn statt der Mechanik des Körpers heute wieder vermehrt die Kontrollsysteme ins Zentrum des Interesses – sprich das Gehirn und die Nervenzellen.
Ein Auslaufmodell?
Folgt man dieser Argumentation, dann ist Roboy, der kleine Roboterjunge aus Zürich, vielleicht schon der letzte seiner Art. Rolf Pfeifer und sein Team lassen sich davon allerdings nicht beirren. Sie wollen den kleinen Roboter in den nächsten Jahren weiterentwickeln und umbauen. Und auch den Traum vom Gehen haben sie noch nicht aufgegeben. Roboy soll andere, längere Beine bekommen. Vielleicht kann er damit dann doch bald durch die Welt stapfen.