«Links ist gut, noch kein Kontakt», knackt es aus dem Funkgerät, «Okay, rechts wird es eng», und: «Da steht ein Auto, da gibts kein Durchkommen»: Funkgespräche zwischen Gerhard Müller, dem Chauffeur am Steuer, und dem zweiten Mann hinten am Ende des Lastwagens. Gemeinsam zirkeln sie spät am Abend den Schwertransporter auf den engen Parkplatz beim Landvogteischloss in Baden. Doch trotz eines Verbotschildes versperrt ein Auto den Weg. Der Tieflader bleibt auf der Einfahrt stehen und kann erst am nächsten Morgen weiterfahren.
Für die Transport-Equipe ist das Alltag. Oft entscheiden Zentimeter über die Weiterfahrt. Bei diesen aussergewöhnlichen Dimensionen ist das verständlich: Der Lastwagen ist rund 6 Meter breit, gut 4,30 Meter hoch und fast 27 Meter lang. Damit die Turbine zum nur wenige 100 Meter entfernten Kraftwerk Aue kommt, gilt es vor allem zwei Dinge zu beachten: «Teamarbeit ist sehr wichtig, man muss sich aufeinander verlassen können», meint Chauffeur Müller, «und die Vorbereitung muss stimmen. Das macht das Team einfach aus». Zweimal fährt man die Strecke im Vorfeld ab, einmal der Planer, einmal die Chauffeure. Enge Stellen vermisst das Team, um keine bösen Überraschungen anzutreffen.
Schwieriges Manöver
Am Tag darauf ist das Auto glücklicherweise weg; ein wichtiges Manöver steht an: Wegen einer engen Strasse zum Limmattaler Kraftwerk muss das Team die Turbine auf dem Tieflader neu platzieren und zur Seite kippen, ein gefährlicher Vorgang. Im Video unten sieht man den ganzen Prozess beschleunigt, denn das Umladen hat mehrere Stunden gedauert.
Zwei Kräne, die bis zu 200 Tonnen anheben können, waren für das Manöver nötig. Der Montageleiter des Turbineneinbaus, Hugo Wucher, sagt erleichtert: «Das Wenden hat hervorragend geklappt. Die zwei Kräne spielten wunderbar zusammen. Wie die Schweizer sagen: tipptopp.» Der Deutsche ist bei solchen Aktionen stets unter Zeitdruck, da gemietete Kräne und ihre Teams teuer sind und am nächsten Tag oft an einem anderen Ort Aufträge wahrnehmen. Dauert es einmal länger als geplant, steigen schnell die Kosten. Und läuft etwas schief, können sogar Menschen in Gefahr kommen.
Mit Schneckentempo zum Kraftwerk
Es sind nur noch wenige Meter bis zum Kraftwerk. Die enge Strasse musste auf einem kürzeren Abschnitt mit Stahlplatten ausgelegt werden, weil sonst der 107 Tonnen schwere Transport den Randstein zerstört hätte. Bei diesen Bedingungen fährt der Lastwagen nur noch im Schneckentempo. Im Video unten sieht man die Fahrt beschleunigt.
Beim Kraftwerk angekommen, muss die Turbine in die Baugrube. Um die 46-Tonnen-Turbine in die Baugrube zu hieven, hat der Bauherr einen mobilen Kran, der 500 Tonnen heben kann, bestellt. Er gehört zu den grössten Pneukränen der Schweiz und wird gebraucht, weil sich der Abladeort mitten in der Limmat befindet – also so weit vom Kran entfernt, dass diese Grösse nötig war.
Eine verantwortungsvoller Job
Am Tag vorher hatte ein Team den Kran aufgebaut. Obwohl es ein mobiler Kran ist, braucht es je nach Konstellation bis zu vier Stunden, damit er Lasten heben kann. Und: In der Badener Aue waren sieben Lastwagenfuhren nötig, um das Gegengewicht von 165 Tonnen und den zusätzlichen Ausleger von 35 Meter auf Platz zu bringen. Gesamtgewicht des Pneukrans, damit er die Turbine in die Baugrube hieven kann: rund 300 Tonnen. Der Kranführer des Ungetüms, Hans Niederhauser, spricht im Video über seine Aufgabe.
Ein verantwortungsvoller Job – und ein Prozess, der einen ganzen Nachmittag dauerte und höchste Konzentration abverlangte. Im Zeitraffer sieht man die spektakulären Arbeiten in wenigen Sekunden:
Die Turbine hat sicher ihren Bestimmungsort erreicht. Noch bis spät in die Nacht dauert es, den Kran abzubauen. Denn schon am nächsten Tag muss er im Tessin den nächsten Sonderjob in Angriff nehmen.