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Schweizer Forschung zum Mars Der Mars bebt

Neue Daten vom Mars zeigen: Mindestens einmal pro Tag wird der rote Planet gehörig durchgeschüttelt.

10'000 Staubteufel treiben auf dem Mars ihr Unwesen. Das sind kleine, lang gestreckte, tornadoähnliche Windhosen, die Staub mitführen. Entdeckt hat sie das Seismometer SEIS – das Seismic Experiment for Interior Structure – an Bord der US-Raumsonde InSight.

«Wir hatten bislang nur Modelle für das Verhalten des Mars-Windes», sagt der Seismologe Domenico Giardini von der ETH Zürich. «Nun haben wir erstmals Daten über einen längeren Zeitraum hinweg.»

Giardini hat mit dem Experiment SEIS ein Jahr lang den Wind auf dem Mars beobachtet. Dabei hat InSight die Staubteufel, die «Dust Devils», nicht fotografiert, sondern sie indirekt bestätigt, als kleine Tiefdruckgebiete in der Nähe der stationären Raumsonde.

SEIS hat seine Blicke – oder besser: sein Gehör – auch nach unten gerichtet, in den Mars hinein. Und siehe da: Der Mars bebt. So wie der Mond und die Erde.

Mars-Beben ähneln Mond-Beben

«Generell sehen die Wellen der Mars-Beben aus wie Beben auf der Erde», erklärt Gardini. «Aber manche dieser Wellen ähneln eher Beben auf dem Mond».

Auf dem Mond gibt es kein flüssiges Wasser, ebenso wenig wie auf dem Mars. Die Gesteinskrusten beider Himmelskörper ähneln sich ebenfalls, sodass sich Bebenwellen in beiden Fällen durch ähnliches Material hindurch ausbreiten. «Das SEIS-Instrument ist wie ein Röntgenapparat: Es verrät uns etwas über die tieferliegenden Strukturen des Planeten», so der Zürcher Wissenschaftler.

Der Mars kühlt aus

Im Schnitt bebt der Mars einmal pro Tag. Aber wieso? Auf dem Mars gibt es keine Plattentektonik, also keine Kontinentalplatten, die bisweilen zusammenstossen, sich verhaken und so Beben auslösen könnten.

«Der Grund für die Marsbeben ist der lang anhaltende Abkühlungsprozess des Planeten», erklärt Bruce Banerdt vom California Institute of Technology. Er ist der Chefwissenschaftler der InSight-Mission. «Der Mars kühlt aus, zieht sich dabei zusammen, und so entstehen Risse an seiner Oberfläche.»

Bis vor zehn Millionen Jahren hat es auf dem Mars wahrscheinlich noch aktiven Vulkanismus gegeben. Unter der Oberfläche befindet sich bis heute übrig gebliebenes Magma. Es kühlt immer noch aus, härtet ab und verursacht dabei Marsbeben.

«Wir versuchen immer noch, all das zu begreifen, was der Mars uns zu erzählen hat», bilanziert Bruce Banerdt. Die Wissenschaftler seien in derselben Situation wie Geophysiker, die im frühen 19. Jahrhundert die Erde verstehen wollten: «Es ist alles noch ziemlich mysteriös.»

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 29.02.2020, 12:40 Uhr.

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